Das Seifenprojekt

Von Andrea

Unterm Mangobaum mit den Seifesiedern

Dienstag sind wir nach Janjanbureh gefahren, um Banna zu besuchen. Gleich nach unserer Ankunft und nach einem stärkenden Bier drehten wir die übliche Runde: Bannas neueste Projekte begutachten, Kassur, seinen blinden Ziehvater besuchen, seine Frau und Kinder in deren Unterkunft besuchen und Hallo sagen. Dann aber auch noch ein paar Bananen pflanzen und wässern. Danach gab es Abendessen von Fanta, Bannas Frau. Allerdings waren wir so erschöpft von der langen Autofahrt, der Hitze und den Pflichten, dass wir kaum Appetit hatten…

Mittwoch Morgen ging es dann auf, weiter Richtung Osten. Kurt und ich wollten immer schon mal den äußersten Osten Gambias bereisen. Das taten wir jetzt. Wir hatten von einem Seifenprojekt in Sotokoku ganz im Osten des Landes gehört, und das wollten wir uns ansehen. In Sotokoku angekommen, half uns diese hübsche, aussergewöhnliche Frau, die entsprechenden Leute zu finden.

Diese schöne Frau half uns, die Verantwortlichen vom Seifenprojekt zu finden.

Leider habe ich Ihren Namen vergessen. Aber sie war nicht nur wegen ihres outfits auffallend. Sie war eine ruhige, sachliche, Person, die sich nicht scheute, bei wildfremden Menschen ins Auto zu steigen, um sie zum Ziel zu führen. Sie ließ ihr Vorhaben ruhen, um uns dahin zu bringen, wo wir hin wollten. Als ich sie um ein Foto bat, war sie einverstanden, ohne irgendwelche Forderungen. Dann gab ich ihr etwas Kleingeld, mehr als sie erwartet hätte, und sie war überglücklich. Ich glaube, hier, so weit im Osten Gambias, gibt es nicht oft Aufmerksamkeit, Abwechslung, Geschenke. Mich hat diese Frau zutiefst beeindruckt. Aber es gibt sie hier immer wieder, überall, diese Menschen, die anders sind, als die meisten anderen….die auffallen. Die mich beeindrucken und mein Herz berühren.

In dem compound, in den uns die Frau brachte, waren wir jedenfalls richtig. Der Chef, Karamo, war gerade auf dem Weg von Serekunda ganz im Westen, nach Hause, nach Sotokoku. Dann kam er. Ein großer, gut aussehender, intelligenter und umsichtiger Mann. Er hat mal in Italien gelebt. Die Hintergründe seines Aufenthaltes in Italien von 2015 bis 2018 erschlossen sich uns nicht so wirklich. Jedenfalls lernte er dort eine Kerstin kennen, die dann in seinem Geburtsort dieses Seifenprojekt initiierte. So haben wir es jedenfalls mal verstanden.

Er telefonierte dann mit verschiedenen Leuten, die für die Workshops zuständig sind, bei denen interessierten Frauen das Seifesieden nahegebracht wird, und wir fuhren gemeinsam zum Workshop Gelände. Dort saßen wir dann unterm Mangobaum und ich ließ mir von den Anwesenden erklären, wie sie die Seife herstellen. Meinen Fragen blieben sie keine Antwort schuldig. Es war ein munterer, fachlicher Austausch übers Seifesieden.

Mich hat dieser Nachmittag ganz besonders glücklich gemacht, weil das Herstellen von Seife eine sehr, sehr alte Handwerkskunst ist. Sie mit anderen Menschen in einem fernen Land, auf einem ganz anderen Kontinent zu teilen, war lange schon mein Wunsch, der sich nun erfüllt hat.

 

Zuhause

Von Andrea

Nach über 20 stündiger Anreise saßen wir gestern Abend um elf Uhr bequem im Sessel und tranken eißkaltes Bier aus unserem Kühlschrank. Wir sind zu Hause. Das riecht vielleicht nach einer Überdosis Pathos, oder exzessiver Gefühlsduselei, aber so fühlte es sich eben an.

Die Empfangshalle vom Flughafen ist jetzt fertig. Sie ist schön geworden. Zwei voll funktionierende Gepäckbänder, schöne Beleuchtung, Videowände…wirklich chic. Auch wenn mir der etwas morbide Charme von früher fehlt…

Noch in Deutschland hatte ich mit Sergo, der Chefin der für die Gästezimmer zuständigen Mitarbeiter in Jawlas Rainbowlodge, korrespondiert und sie gebeten, vor unserer Ankunft unser Hause von innen zu putzen: „…weißt Du, dass soll so aussehen, wie es auch bei Euch in der Lodge in den Gästezimmern aussieht…“ Sergo hat mit ihrer Schwester Mariama, die sonst schon immer mal kam, um kurz durchzuwischen, oder Wäsche für uns zu waschen, dann an zwei Tagen ganze Arbeit geleistet. Es erwartete uns eine blitzblank gewienerte Wohnung! Das war toll. Bisher hatten wir die erste Nacht immer in der Lodge übernachtet, um dann am nächsten Morgen hier her zu kommen, um dann Stunden mit putzen zu verbringen. Das fand ich schon immer doof. So ist es besser.

Heute Morgen saßen wir dann wieder an unserem Frühstückstisch unterm Mangobaum, der voller Früchte hängt, die aber leider noch weit davon entfernt sind, einen Reifegrad zu haben, bei dem man sie auch genussvoll essen könnte. Und als gingen uns irgendwo die Projekte aus, vielen uns bei Begehung und detaillierter Betrachtung unseres Grundstücks sehr viele Dinge ein, die anders sein sollten. So werden wir einen definierten Komposthaufen anlegen und Mülltrennung betreiben. Etwas anderes, als Müll zu verbrennen, geht hier zwar nicht, aber diese ganzen elendigen Alu-Dosen lassen sich nicht verbrennen und deshalb sollen sie in einem Behälter, in dem sie in aller Ruhe vergammeln können, gesammelt werden. Es geht nicht, man kommt um Blech- und Aludosen nicht herum! Und dann wollen wir noch einen definierten Brennplatz anlegen, damit meine Nerven nicht immer so belastet werden, wenn da mal wieder ein riesiges Feuer entfacht wird, was sich über das ganze trockene Zeug, dass hier so herumliegt, fortsetzen könnte.

Außerdem müssen einige Palmwedel abgeschlagen und Äste abgesägt werden.

Louis, der seit März bei uns den Watchman macht, hat bisher leider keinen anderen watchman finden können. Er wollte das unbedingt selber machen, nannte auch nachvollziehbarem Gründe, weshalb er selbst einen neuen finden wollte, aber bisher war er damit nicht erfolgreich. Vorhin hat er uns zugesichert, bis November, wenn wir das nächste Mal hier sind, diesen Job noch zu machen, aber dann sollte das jemand anderes übernehmen. Da müssen wir jetzt also nochmal Ausschau halten. Eigentlich kennen wir doch einige Leute, die gerade auch durch die Corona bedingte schlechte Lage im Tourismus arbeitslos sind. Aber die meisten Leute leben bei ihren Familien im Großfamilienverband, wo einige wenige arbeiten und die anderen damit dann unterstützen. Die bleiben lieber in ihrer Großfamilie, als hier allein zu leben.

 

The smiling coast of Africa – Sanyangs Pause ist zu Ende

Von Andrea

29 junge Leute zwischen 15 und 25 Jahren aus Sanyang sitzen in Banjul nun schon seit Wochen im Knast. Mittlerweile gibt es Gespräche. Es wird verhandelt. Jawla als Hotelbesitzer und Nachbar der stinkenden Fischfabrik, der sich seit langem schon gegen die Fabrik einsetzt, ist dabei, andere wichtige Personen des öffentlichen Lebens, der Alcalo, Bürgermeister, von Sanyang, außerdem mehrere Anwälte, die man hinzugezogen hat, und die Polizei. Sie alle verhandeln nun, was mit den 29 jungen Leuten geschehen soll. Die Dörfler aus Sanyang haben sich wohl mehrheitlich auf die Seite der jungen Leute geschlagen. Es geht zur Sache. Es geht darum, die Ursache für das Austicken der Jugend ausfindig zu machen.

Jawla erklärt das so: seit Jahren ist die Fischfabrik den Menschen in Sanyang ein Dorn im Auge. Sie stinkt und verscheucht damit die Touristen. Aus Sanyang will niemand für die Fischfabrik arbeiten. Das ist so eine Ehrensache. Deshalb kommen Leute aus den Nachbarländern, um dort zu arbeiten. Weil die gambischen Fischer sich weigern, ihren Fisch an die Fischfabrik zu verkaufen, tun dies die senegalesischen Fischer, die auch schon immer hier gefischt haben.

Der Preis des Bonga Fisches, der von der einheimischen Bevölkerung vor allem konsumiert wird, weil er bezahlbar ist, hat sich vervielfacht.

China, das die Fischfabrik gebaut hat, verarbeitet den Fisch zu Fischöl und Fischmehl. Diese Produkte, die aus dem Fisch, der in gambischen Gewässer gefangen wird, hergestellt werden, gehen direkt nach China, bzw. werden von China auf dem Weltmarkt verkauft. Gambia hat ausser einer stinkenden, die Touristen abschreckenden riesigen Halle und überteuerten Fischpreise, so wie auf Dauer zurück gehenden Fangmengen nichts, auch nicht den kleinsten Vorteil davon.

Das regt die Leute hier schon seit Jahren auf. Die Leute hier wollen einfach keine Fischfabrik. Man hat hier in Sanyang schon viel versucht, aber bei der Politik des Landes kommen die Beschwerden nicht an. Nicht einen Vertreter hat man in all den Jahren nach Sanyang geschickt, um sich die Sorgen der Leute anzuhören. Das machte die Menschen in Sanyang sauer.

Der Vorfall mit dem Senegalesen, der einen Gambia erstochen und seinen Bruder schwer mit dem Messer im Gesicht verletzt hat, hat das Fass nun zum Überlaufen gebracht. In Sanyang hat man ein gewisses Verständnis für die Jugend. Und nun versucht man, die jungen Leute da irgendwie raus zu hauen. Es scheint, als wären ein paar Vorwürfe gegen die Jungen auch nicht mehr zu halten. Es bleibt spannend. Es wird ein langer Prozess werden.

Aus meiner Sicht haben die jungen Leute Mist gebaut und gehören dafür bestraft. Die Leute hier argumentieren aber so, dass die Jungen doch gar keine Alternative hatten, wenn niemand auf sie hört. Sie fühlen sich überhört und haben sich dagegen gewehrt. Ganz von der Hand ist das wohl nicht zu weisen…

Ooooonk oonköonk

Von Andrea

Steckt die Bourgainvillea dahinter?

2:07 Uhr: ein zartes, vorsichtig und zurückgehaltenes oooonk holte mich behutsam aus meinem traumlosen Schlummer. Dann eine Pause. Und dann wieder ooooonk. Pause. Onk-onk. Pause. Allmählich ein kleinwenig lauter oooonkoonkonk.

2:34 Uhr: an Schlaf ist nicht zu ooonköoonkonk denken. Onk.

2:41 Uhr: ooonkonk ö ö ö onköonköonkoooonk öö

2:43 Uhr: Kurt wird wach. Ö ö ö onkoooonk. Die Frau flüstert ihrem Mann leise ins Ohr: Was ist das? Ein Frosch? – onkonkonkööööoonk – Nee, glaube, ein Affe. –

2:45 Uhr: Kurt geht aufs Clo. Ooonk. Schschschschschsch. Onkoooonk ö ö ö onkoooonk.

2:47 Uhr: Andrea geht aufs Clo. Schschschschpfötpfötschschsch. Oonköonk.

2:51 Uhr: Das oooonk wird immer ö ö ö oooonk lauter! Ooooonk onk ööö ö ö ö onkoooonk!

3.01 Uhr: Das onk wir lauter und lauter und die Abstände immer kürzer. Onkoooooonk ö ö ö ööööonkonkooooonk.

3:39 Uhr: onk. Das wars!

…oder die jetzt blühende Desertrose?

Das ist Banna

Von Andrea

Kurt und Banna in Bannas Talamanca Lodge in Janjanbureh

Banna kenne ich seid meinem ersten Besuch in Gambia. Er hat damals als Guide für eine andere Lodge in Janjanbureh gearbeitet. Janjanbureh liegt auf der Flußinsel Mc Cathy im Gambia Fluss. Vom nördlichen Flußufer kommt man per Fähre auf die Insel, vom Südufer über eine Brücke. Die Engländer gaben der Stadt, die als alter Sklavenumschlagplatz gilt, den Namen Georgetown. Diese Bezeichnung hört man bei den Einheimischen selten. Sie sprechen von Janjanbureh, das auf zwei Brüder zurück führt, der eine hieß Janjan, der andere Bureh.

Meine Unterkunft damals auf dem Nordufer hatte keinen Strom und kein fließend Wasser. Was für Abenteurer, die das wahre Afrika kennenlernen wollen. Das wahre Afrika hat aber genauso Steckdosen und funktionierende Duschen im Angebot. Da sollte man sich nich täuschen lassen. Jedenfalls hatte ich nach zwei Nächten genug vom wahren Afrika und zog um in eine Lodge auf der Insel. Banna zeigte mir den Ort, seine eigene Lodge und vieles mehr. Er war von Anfang an anders als andere Typen hier, die dich angraben und dich irgendwie „rumkriegen“ wollen. Banna war da anders und das machte ihn mir sehr sympathisch. Im Laufe der Jahre, die ich nun regelmäßig nach Gambia komme, hat er sich als guter, verlässlicher Freund erwiesen. Er ist intelligent, geschäftstüchtig, hart arbeitend und liebender Vater zweier Töchter und nun, seit zwei Jahren, auch eines Sohnes.

Wenn wir hier mal irgendwie mit etwas gar nicht mehr weiter kommen, setzt Banna, falls erforderlich, in den nächsten Bus und fährt sechs Stunden zu uns, um uns zu unterstützen.

Vor anderthalb Jahren brachten wir ihm einen gebrauchten Außenboardermotor für sein Boot mit. Damals hatten Markus und ich den Motor gekauft und ihm kostenlos überlassen. Als Fährboot für Fußgänger macht er damit einen erstaunlich guten Umsatz. Er versichert jedes Mal, wenn wir uns sehen, wie sehr ihm dieser Motor hilft Geld zu verdienen, und wie dankbar er uns dafür ist.

Das Seifenprojekt

Von Andrea

Unterm Mangobaum mit den Seifesiedern

Dienstag sind wir nach Janjanbureh gefahren, um Banna zu besuchen. Gleich nach unserer Ankunft und nach einem stärkenden Bier drehten wir die übliche Runde: Bannas neueste Projekte begutachten, Kassur, seinen blinden Ziehvater besuchen, seine Frau und Kinder in deren Unterkunft besuchen und Hallo sagen. Dann aber auch noch ein paar Bananen pflanzen und wässern. Danach gab es Abendessen von Fanta, Bannas Frau. Allerdings waren wir so erschöpft von der langen Autofahrt, der Hitze und den Pflichten, dass wir kaum Appetit hatten…

Mittwoch Morgen ging es dann auf, weiter Richtung Osten. Kurt und ich wollten immer schon mal den äußersten Osten Gambias bereisen. Das taten wir jetzt. Wir hatten von einem Seifenprojekt in Sotokoku ganz im Osten des Landes gehört, und das wollten wir uns ansehen. In Sotokoku angekommen, half uns diese hübsche, aussergewöhnliche Frau, die entsprechenden Leute zu finden.

Diese schöne Frau half uns, die Verantwortlichen vom Seifenprojekt zu finden

Leider habe ich Ihren Namen vergessen. Aber sie war nicht nur wegen ihres outfits auffallend. Sie war eine ruhige, sachliche, Person, die sich nicht scheute, bei wildfremden Menschen ins Auto zu steigen, um sie zum Ziel zu führen. Sie ließ ihr Vorhaben ruhen, um uns dahin zu bringen, wo wir hin wollten. Als ich sie um ein Foto bat, war sie einverstanden, ohne irgendwelche Forderungen. Dann gab ich ihr etwas Kleingeld, mehr als sie erwartet hätte, und sie war überglücklich. Ich glaube, hier, so weit im Osten Gambias, gibt es nicht oft Aufmerksamkeit, Abwechslung, Geschenke. Mich hat diese Frau zutiefst beeindruckt. Aber es gibt sie hier immer wieder, überall, diese Menschen, die anders sind, als die meisten anderen….die auffallen. Die mich beeindrucken und mein Herz berühren.

In dem compound, in den uns die Frau brachte, waren wir jedenfalls richtig. Der Chef, Karamo, war gerade auf dem Weg von Serekunda ganz im Westen, nach Hause, nach Sotokoku. Dann kam er. Ein großer, gut aussehender, intelligenter und umsichtiger Mann. Er hat mal in Italien gelebt. Die Hintergründe seines Aufenthaltes in Italien von 2015 bis 2018 erschlossen sich uns nicht so wirklich. Jedenfalls lernte er dort eine Kerstin kennen, die dann in seinem Geburtsort dieses Seifenprojekt initiierte. So haben wir es jedenfalls mal verstanden.

Er telefonierte dann mit verschiedenen Leuten, die für die Workshops zuständig sind, bei denen interessierten Frauen das Seifesieden nahegebracht wird, und wir fuhren gemeinsam zum Workshop Gelände. Dort saßen wir dann im luftigen Schatten eines Mangobaum und ich ließ mir von den Anwesenden erklären, wie sie die Seife herstellen. Meinen Fragen blieben sie keine Antwort schuldig. Es war ein munterer, fachlicher Austausch übers Seifesieden.

Mich hat dieser Nachmittag ganz besonders glücklich gemacht, weil das Herstellen von Seife eine sehr, sehr alte Handwerkskunst ist. Sie mit anderen Menschen in einem fernen Land, auf einem ganz anderen Kontinent zu teilen, war lange schon mein Wunsch, der sich nun erfüllt hat.

Wir besprechen die einzelnen Schritte der Seifenherstellung

Trotzdem: Die traditionelle Seifenherstellung geht anders. Nicht umsonst war der Beruf des Seifesieders früher ein Lehrberuf, denn zum Seifesieden gehörte früher eine Menge Erfahrung was z.B. das Herstellen und den Umgang mit der Lauge betrifft. Aber auch die Wahl der Öle und Fette. Ganz zufällig erfuhr ich dann von Banna, dass seine Ziehmutter Seife herstellt. Heutzutage nach dem selben Schema wie die Leute in Sotokoku, früher aber traditionell. Die traditionell hergestellte Seife sieht man nur noch vereinzelt auf dem Markt. Sie riecht nicht so gut. Deshalb benutzt man heute lieber die neuen Seifen. Jedenfalls habe ich mich bei Bannas Ziehmutter zum gemeinsamen Seifesieden angemeldet. Es bleibt spannend.

Beim wateroffice, oder: gehts noch?

Von Andrea

Heute Vormittag waren wir beim water Office, um unsere Wasserechnungen zu bezahlen und um ein Leck in der Wasserleitung unweit unseres Hauses zu melden. Das Leck fiel uns schon im Herbst auf, aber da hatten wir einfach keine Muße, um es zu melden und dachten, dass das ja auch die Leute machen können, die direkt dort wohnen. Vielleicht haben sie das auch, und das water Office kümmert sich einfach nicht. Jedenfalls hatte ich schon an unserem zweiten Tag hier einen Typ vom Hauptoffice in Brikama angerufen und ihm von dem Leck berichtet. Der meinte dann tatsächlich zu mir, da müsste ich nach Brikama kommen und einen Report abgeben. Dann könnte er evtl. mit mir zusammen nach Sanyang fahren, um persönlich den Schaden in Augenschein zu nehmen. Nun war mir aber gerade nicht danach, mich um die Probleme Anderer zu kümmern und fuhr nicht nach Brikama.

Heute nun im hiesigen water Office, erklärte mir der Typ am Schalter in einem fast schon aggressiven Ton, dass ich den Betrag entweder überweisen könne, oder bar bezahlen. Ich wollte bar bezahlen. Ja, aber wenn überwiesen würde, wäre das Geld viel schneller dort, wo es hin soll! Wenn ich bar bezahle, dauert das viel länger! Das sei nun wirklich nicht mein Problem, wie lange der Geldtransfer dauere, ich wolle einfach nur meine Rechnungen bezahlen, und zwar bar. Noch aufgebrachter erklärte mir der Typ, dass er mich nur über die verschiedenen Möglichkeiten aufklären wolle, die es gäbe, um die Rechnungen zu bezahlen. Ok, dass ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, aber ich möchte bitte in bar zahlen. Wieviel ich zahlen wolle? Alles. Alles? Das sind 1.141Dalasi. Ja, alles. Wollen Sie 1140 oder 1150 Dalasi zahlen?

Noch etwas. Da ist auf dem Weg zu meinem Haus ein Leck in Ihrer Wasserleitung. Schon seit Oktober. Wo? Neben der Straße. Da läuft das Wasser aus dem Sand. Oh, dass ist nicht gut! Nee, das ist nicht gut. Er ruft das Office in Brikama an, um den Schaden zu melden. Da erreicht er niemanden, heute ist offizieller Feiertag. Wahrscheinlich Ostermontag im überwiegend muslimischen Gambia. Ich schreibe Ihnen die Nummer von dem Kollegen auf, dann können Sie den morgen anrufen und ihm berichten. Gehts noch? Ist das meine Wasserleitung? Ist das mein Wasser, mein Geld, dass da im Sand versickert? Ich habe meine Pflicht getan und Ihnen den Schaden gemeldet, und jetzt ist es Ihre Aufgabe, man könnte auch meinen nahezu Ihr Job, sich darum zu kümmern und dafür zu sorgen, dass der Schaden behoben wird. Hm, nagut. Und er schickt einen Mitarbeiter mit uns, dem wir die Stelle zeigen. Mal sehen, ob in den kommenden zwei Wochen was passiert?

Die smiling coast of Africa – Sanyang macht Pause

Von Andrea

Sonnenuntergang an der smiling coast of Africa

Als ich vor neun Jahren das erste Mal in Gambia war, hörte ich von überall her gesagt „wellcome at the smiling coast of Africa“ und „it‘s nice to be nice“. Von diesen schönen Mustern hat Sanyang sich nun erstmal verabschiedet.

Ungefähr drei Wochen vor unserer Ankunft haben sich hier schlimme Dinge ereignet. Wir wussten grob davon, eine Freundin hatte uns eine Audio-Info aus dem Radio geschickt. Aber wie schlimm es wirklich war, erfahren wir nun nach und nach.

Es fing damit an, dass ein sehr großer, kräftiger Senegalese eine weiße Frau in ihrem Haus in Strandnähe überfallen wollte. Sie konnte aber zum Glück zu Nachbarn fliehen. Die Nachbarn riefen die Polizei und gleichzeitig machten sich zwei Brüder auf den Weg zum Haus der Frau, um den Dieb zu stellen. Der war den beiden Brüdern aber wohl in jeder Hinsicht überlegen. Er hatte ein Messer bei sich, mit dem er den einen der beiden Brüder in Hals und Bauch stach. Der Mann starb noch an Ort und Stelle. Dem anderen Bruder zerstach er das Gesicht. Die Polizei konnte den Senegalesen überwältigen und brachte ihn nach Brikama ins Gefängnis. Das alles geschah am frühen Morgen.

Es muss sich hier im Dorf ziemlich schnell herum gesprochen haben und schon bald machte sich ein wild gewordener Mob aus überwiegend jungen Leuten auf den Weg zur Polizeistation, um den Senegalesen zu lynchen. Als sie erfuhren, dass der schon in Brikama sei, hat der Mob vor Wut die Polizeistation in Brand gesetzt.

Aufgebracht, wie der Mob war, zog er weiter zum Strand. Hier, direkt neben Jawlas Rainbow Lodge liegen die Boote von hunderten von Fischern. Viele von ihnen sind aus dem Senegal und nicht gern gesehen im Dorf nach dem Motto „unsere Hühner treten wir selber“, aber auch, weil die Senegalesen anscheinend mit der verhassten Fischmehlfabrik zusammenarbeiten, sind sie in Sanyang nicht gut gelitten.

Die senegalesischen Fischer wurden zum Glück gewarnt und sind rechtzeitig über den Strand Richtung Süden und Norden weggelaufen, diejenigen, die mit ihren Booten auf dem Meer waren, wurden über Handys gewarnt, in einem anderen Dorf an Land zu gehen.

Als der Mob den Strand erreichte, waren nur noch die Frauen und Kinder dort, die man in Ruhe ließ, aber jedes senegalesische Boot wurde angesteckt und verbrannt. Der Mob benutzte dabei Brandbeschleuniger wie Diesel oder ähnliches. Dann machten sie sich auf den Weg zur Fischfabrik und steckten sie an. Die Fischfabrik ist anscheinend gut mit Überwachungskameras ausgestattet und anhand der Aufzeichnungen konnte man viele Leute identifizieren.

Auf seinem Weg zurück ins Dorf räumte der Mob die Häuser der senegalesischen Fischer aus und setzten ihr gesamtes Hab und Gut auf den Straßen in Brand.

Polizei und Militär kamen nach Sanyang und hat so gut wie alle jungen Leute mitgenommen und in den Knast gesteckt. Diejenigen, die klar machen konnten, dass sie mit dem Mob nichts zu tun hatten, sind frei, andere, die auf den Videos der Sicherheitskameras der Fischfabrik identifiziert werden konnten, warten auf eine Verhandlung und etliche sind in den Südsenegal geflohen, wo sie sich noch immer aufhalten.

Die senegalesischen Fischer leben derzeit wie Flüchtlinge und sind in einer Schule weiter weg von hier untergebracht. Wie es mit ihnen weitergeht, ist im Moment wohl ungewiss.

Derartige Ereignisse sind mir nicht ganz fremd. Während meiner Zeit in Nepal, wie auch in Togo hatten sich vergleichbare, oder eher noch schlimmere Dinge ereignet und mich fassungslos gemacht. Die Dinge beruhigen sich mit der Zeit wieder. Aber es zeigt sich auch, dass tief im Inneren der Menschen über lange Zeit etwas schwelt und nur auf einen Auslöser wartet, um es explodieren zu lassen. Es macht einen fassungslos, mit welcher Brutalität so ein Mob vorgeht, der sich aus Menschen zusammen setzt, die man zum Teil vielleicht sogar kennt und immer als freundlich und hilfsbereit erlebt hat.

Aber nicht nur Kurt und ich sind fassungslos, auch die Menschen, die uns davon erzählt haben, bzw. mit denen wir über diesen Tag gesprochen haben, sind zutiefst betroffen.

Bäume pflanzen, Bäume abhauen

So ist der Lebenslauf. Ganz zu Anfang unserer Bautätigkeit, hatten wir noch vor dem Zaunbau den Kapokbaum fällen lassen. Er wurde zu Brettern aufgesägt und die Äste verbrannt, da sie aufgrund der Dornen nicht zum Feuerholz taugen. Eigentlich schade um diesen grossen Baum, aber der Nachbar soll von den herumfliegenden Samen immer eine Augenentzündung bekommen haben. Dies ist jetzt vier Jahre her und die Wurzeln waren schon sehr verrottet. So habe ich mit der Pickaxt daran gemacht sie auszubuddeln und der thermischen Verwertung anheim zu geben, um Asche zu Düngungszwecken zu erzeugen.

Ascheerzeugung als Düngemittel

Aber wir pflanzen auch neue Bäume. Neben mehreren Avocadomäumen, Bananen, Papayas und Zitronenbäumen haben wir dieses Jahr einen Affenbrotbaum (Baobab) mitgebracht. Einmal habe ich mich vergeblich um einen lokalen Setzling bemüht. Dann hat mir Markus einen zum Geburtstag geschenkt. Über das Internet hatte er nur das nackte Stöckchen ohne Blätter und Wurzeln bezogen. Nach langen bangen Wochen haben sich Blätter und Wurzeln entwickelt. So habe ich ihn jetzt im Handgepäck mitgenommen und direkt vor unserem Haus eingepflanzt, wo er anscheinend auch die erste Woche überlebt hat.

Er hat mir einen Jasmin geschenkt! – oder: afrikanischer Humor

Von Andrea

Gestern sind wir zum Stadion gefahren um zu schauen, wo wir uns vorm Abflug testen lassen müssen. Auf dem Weg dorthin kommt man an zahlreichen Gärtnereien vorbei, wo Gartenblumen aufgezogen und verkauft werden. Obwohl ich fuhr, fiel mir eine Gärtnerei auf, weil sie Wüstenrosen im Angebot hatten. Damals in Togo hatte ich eine Wüstenrose im Garten. Ich finde sie wunderschön, hatte in Gambia aber bisher keine entdeckt! Und da standen sie nun, wunderschön. Auf der Rückfahrt vom Stadion ging ich dann prompt in die Eisen, als wir die Gärtnerei erreichten. Kurt ahnte nichts, aber spontan entfuhr es ihm: „Guck mal, diese rosanen Blumen dort, die sind ja schön!“ Jawohl. Volltreffer! Das waren Wüstenrosen! Also schickte mein Mann mich in die Gärtnerei, Blumen kaufen.

Einer unserer zwei Wüstenrosen mit Knospen.

Und während ich mit meiner Coronamaske auf noch nach zuständigem Personal Ausschau hielt, kam da einer laut grüßend angelaufen und sagte: „Wellcome! Oh, they are all dead! I am the only one here!“ Nun, das stimmte nicht ganz. Zwei weitere Figuren hockten da ja schon zwischen den Blumen und waren am arbeiten. Trotzdem sagte ich ihm, dass das für mich kein gutes Zeichen sei, wenn alle anderen tot seien und er der einzige Überlebende? Und er meinte:“Oh no….., they all died on Corona!“ Nunja, was sollte ich dazu sagen? Jedenfalls behielt ich meine Maske auf.

Eine unserer zwei neuen „Lilac Moon Flower“. Ich glaube, der Mann hatte sich diesen Namen kurzfristig ausgedacht. Aber egal, es soll ein Busch werden.

Nach Kurts harter Preisverhandlung, und nachdem Kurt und die Pflanzen schon im Auto waren, ließ ich mich von ihm noch zum mauen Zustand unserer Hibisken im Garten beraten. Und als ich mich bei ihm für seinen Tip bedanke und verabschieden will, schenkt er mir einen Jasmin!