Die Sanyanger, ein feierfröhliches Volk, Sylvester und Jungbullen

Was die nicht alkoholtrinkenden Moslem den weinseligen Ungläubigen voraus haben ist, dass sie nicht unter Kater, dicken Köppen oder sonstigen Ausfällen nach einer durchfeierten Nacht leiden, sondern nach wenigen Stunden tiefen Schlafes aufwachen, frisch sind wie die Fische im Wasser und einfach weiter feiern.

Das haben wir in dieser Zeit vom Weihnachtswochenende bis Neujahr erfahren dürfen. Jeden, mitunter auch nur jeden zweiten Abend ging in Sanyang dermaßen die Post ab, dass wir ein paar Mal hätten beschwören können, dass die gigantischen Lautsprecherboxentürme direkt unter unserem Fenster standen. Auf uns gerichtet! So laut war es. Und man feiert nicht nur gern und häufig, sondern auch lang, gern bis kurz bevor morgens um halb fünf die Muhezine über ihre schnarrenden, den Ton verzehrenden, völlig ausgelutschten Lautsprecheranlagen zum Gebet rufen. 

Das würde erst recht nicht an Sylvester anders sein. Da waren wir uns sicher. Und dann kam mir eine ganz verwegene Idee. Und in verführerischem Ton hauchte ich meinem Kurt einen sensationellen Vorschlag ins Ohr: „Schatz, lass uns über Sylvester wegfahren. Es gibt da eine Lodge, die liegt ganz einsam am Fluss, weit weg vom nächsten Ort. Es sieht dort immer so schön und friedvoll aus! Wir könnten dort eine wunderbar ruhige, romantische Sylvesternacht verbringen. Was meinst Du?“ möglicherweise zogen blitzartig Erinnerungen an voreheliche Schäferstündchen in Kurts Erinnerungs- und Energiefeld auf, jedenfalls kam die Antwort sofort und es war ein klares, strahlendes „Jahhhhh!“

Also Köfferchen gepackt, Badetasche geschnappt und ab die Post! Nach 45 Minuten waren wir am Ziel. Die Stala Lodge liegt wirklich sehr abgelegen. Man fährt eine Weile durch trockenliegendes Überflutungsgebiet, so ein bisschen wie durch die Wüste, immer irgendwelchen vorhandenen Spuren folgend. Dann kamen wir an. Lamin, der Chef, brachte uns zu unserer kleinen, romantischen Rundhütte, etwas abseits gelegen vom zentralen Platz der Unterkunft und direkt am Fluss. Mit kleiner Terrasse mit Tisch und zwei Stühlen vor der Tür. Ach wie schön! Das Zimmer war nett, das Bad nicht so winzig wie sonst meist üblich in den günstigen Unterkünften, die Aussicht auf den Fluss und die Vogelwelt fantastisch, gegenüber das Ufer der Casamance, dicht mit Mangroven bewachsen. Die Nacht schliefen wir in der Stille der Natur tief und fest.
Und heute ist Sylvester. „Es kommen ein paar Leute“, sagte Lamin, „um zwölf wird sicher etwas geböllert, um eins ist die Musik dann aus. Unsere Gäste sollen schließlich nicht disturbed werden.“

An Weihnachten kamen wir an den Strand bei Jawla und hatten unsere Strandliegen eingenommen. Die Stimmung war urlauberisch. Hier Gemurmel, dort Gemarmel, von irgendwoher drangen leise Reggae Rhythmen zu uns herüber, als am späten Nachmittag plötzlich ein sehr illustres, äußerst attraktives Grüppchen Menschen den Strand von der Bar her überquerte und sich in der ersten Reihe am Strand ein paar Liegen zusammenstellte. Dieses Grüppchen fröhlicher Menschen strahlte eine unübertreffbare Lebensfreude aus. Sie ließen sich auf den Liegen nieder, wollten gern beieinander sein. Sie schnatterten und lachten ohne Pause und auch die ein oder andere mitgebrachte Rauchware machte ihre Runde. Aus ihrem auch mitgebrachten, nicht sehr kleinen Ghettoblaster erscholl die schönste Soulmusik und manche Texte sangen sie alle mit und tanzten dazu. Es war ein Bild purer Harmonie. Und nach zwei Stunden verschwanden sie wieder. Das empfand ich als sehr schade. Es ging eine einzigartig fröhliche und friedvolle, lebensbejahende Stimmung von ihnen aus, und sie waren einfach schön anzusehen.

Es war wohl eine Gruppe Jamaikaner, die in UK leben und hier nach Gambia zu ihren Wurzeln zurückkehrten, zumindest für die Zeit eines Urlaubs. Viele Jamaikaner haben gambische Wurzeln. Deshalb ist auch der Reggae hier die vorherrschende Musikrichtung.

In der Stala Lodge kam am Sylvestermorgen ein Auto auf den zentralen Platz gefahren und parkte ganz selbstverständlich vor unserer Nachbarhütte (und nicht wie wir auf dem „Parkplatz“ (please, Park your car correctly)) die etwas größer war als unsere, wohl eine Familienhütte. Sie hatten zwei Kinder dabei. Es waren Libanesen. Der Vater und die Kinder begrüßten uns freundlich, die Mutter verschwand ungesehen im Zimmer. Der Vater lud unzählige Angelrouten aus dem Auto und verfrachtete sie in sein Boot am Flussufer. Außerdem kleinere und größere Kühlkisten, die unterschiedlich schwer zu sein schienen, Sechsergebinde großer Wasserflaschen. Dann setzte er sich in sein Boot, startete den Motor und verschwand flussaufwärts. 

Kurt und ich tingelten so durch den Tag, machten mit dem Taxiboot einen kleinen Ausflug zum Nachbarort, saßen dann lange am Fluss, betrachteten die Boote, die kamen und gingen, die vielen Vögel, die Kingfischer und verschiedensten Reiherarten, die sich auf dem gegenüber liegenden Flussufer nach Nahrung umsahen, und später mit der App SkyView Lite die Sterne über uns, allen voran Jupiter, der hell wie immer leuchtete, und verschiedene Sternenbilder. Dann war das Buffet eröffnet und wir gesellten uns mit unseren vollen Tellern zu Thomas, der von Hannover mit seinem umgebauten Unimog bis hierher gefahren war. Wir hatten einen schönen Abend mit interessanten Gesprächen über Autos und gegen elf gingen wir zu unserer Hütte zurück. Wir waren alle müde und bis Mitternacht aufzubleiben war keinem von uns so wichtig. 

Zurück bei unserer Hütte hatte sich die Libanesenfamilie auf zwanzig, dreißig Personen vergrößert, einschließlich einiger kleinerer Kinder. Die Frauen verschleiert, die Männer nicht. Sie hockten alle eng beieinander vor ihrer Hütte und die Welt um sie herum schien sie nicht sonderlich zu interessieren.

Um zwölf sollte Knallerei kommen und um eins wollte Lamin die Musik abstellen. Das fanden wir nicht nur gut, sondern auch nachvollziehbar, bei den ganzen Kindern. Und tanzen tat von denen sowieso niemand. Andere Gäste waren nicht da. Also eine ganz beschauliche, ruhig-romantische Sylvesternacht.

Um zwölf wurde Geballert. Ein paar gewaltige Chinaböller explodierten so gewaltig laut und hell, dass mir im Bett Angst und Bange wurde. Schließlich sind es da draußen Libanesen…Aber dann war die Knallerei vorbei und ich dachte: „Noch eine Stunde, dann ist die Musik aus und Du kannst schlafen.“

Gegen viertel vor eins hörte ich Männerstimmen direkt vor unserem Fenster. Weil sie nicht verschwanden schaute ich hinaus, was da los sei und da standen ein paar der libanesischen Männer vor unserem Fenster und quälten offensichtlich ein Tier, es sah aus wie ein Affe, dan sie am Schwanz festhielten.

Sehr, sehr aufgebracht rannte ich raus und was ich sah war nicht ein Affe, der gequält wurde, sondern ein Jungbulle, dem man unter unserem Fenster gerade die Kehle durchschnitten hatte. Mit meiner Taschenlampe erhellte ich diese schreckliche Szene und schrie sie an, ob sie denn wohl total irre geworden sind, und dass sie dieses Tier von unserer Hütte wegschaffen sollten. Die vollkommen überraschten Schlächter standen im Lichte meiner Taschenlampe wie angewurzelt da und starrten mich an, als wäre ich ein Geist, eine Erscheinung aus dem Off. Als ich dann das lange, blutverschmierte Messer in der Hand des Einen sah, entschied ich mich, Lamin zu rufen. Zusammen mit Lamin ging sehr schnell zurück zu dem Schauplatz und Lamin hatte mit seinen kurzen Beinen Last, mit mir Schritt zuhalten. Zurück am Tatort hatte man das noch immer nicht tote Tier etwas von unserer Hütte weggezogen, aber ich schimpfte alles, was mein englisches Vokabular hergab und Lamin immer nur: sorry, sorry. Und stand da wie ein begossener Pudel vor unserer Zimmerterrasse. Ein dreifaches sorry war hier irgendwie nicht mehr genug. Und erst recht nicht, als die Libanesen eine halbe Stunde später zwischen unseren beiden Hütten ein Feuer entfachten, das Tier auseinander hackten und an zu kochen fingen, laut erzählend, die Kinder kreischend und tobend dazwischen.

Um viertel vor zwei beschlossen Kurt und ich unsere Sachen zu packen und nach Hause zu fahren. Die würden bis zum Morgen kochen und essen und feiern und quatschen, das war absehbar. Wir hatten einfach von allem genug wollten nur noch weg von hier. Deshalb packten wir unsere Sachen, legten ein paar Scheine für Lamin aufs Bett und verschwanden mitten in der Nacht. Von diesem romantischen Ort.

Baumfällkünstler, Pateh, Ameisen und eine Schlange

Heute Morgen kamen sie wieder, die beiden Baumfällkünster. Aber sie waren, na, sagen wir mal, lethargisch. Ohne Pateh, den Antreiber, sind sie nicht so virtuos. Eher langsam. Unaufgeregt. Entspannt. Verträumt. Nachdenklich. Und verletzt. Von den Ameisen. Ein wirklich ernstes Thema dieser Tage.
Gestern hatte Pateh, der uns die beiden an Land gezogen hatte, seinen freien Tag und hat ihnen den Marsch geblasen, wenn sie Anzeichen von „mag nicht mehr“ an den Tag legten. Aber heute musste Pateh wieder arbeiten und die beiden Holzfällerkünstler nutzen die Ruhe für sich. Ab und an kletterten sie in den Baum um ein wenig rumzuhacken, dann kamen sie wieder ganz erschöpft herunter und brauchten eine Pause. Ich konnte das verstehen, weil es heute sehr heiß war.
Das eigentliche Problem war aber nicht die Hitze, die ist man hier ja gewohnt, sondern Ameisen (immer! Aber auch immer, wenn ich dieses Wort „Ameisen“ benutze muss ich an einen meiner Klassenkameraden in der Realschule denken, der das Wort Ameisen auf der zweiten Silbe betonte! Er konnte das nicht anders! Er sagte A_mei_sen?)! Jedenfalls wohnen da oben im Baum, der auf diesem Foto nicht so ganz gut zu sehen ist, Ameisen.


Und immer, wenn einer der beiden Baumfällkünstler in den Baum geklettert ist, griffen die Ameisen an. „Es sind die großen Schwarzen, die mit den dicken Köpfen! Guck hier, und hier, das sind die Bisse von denen!“ jammerte Ousman. Gar keine Frage, du schöner Ousman. Ameisen sind voll daneben und kennen nun wirklich gar keinen Spaß! Alles gut!
Vor zwei Wochen hatten wir morgens eine laaaange Ameisenstrasse halb rund ums Haus(unser Haus ist rund. Wie rund). Morgens als wir die Tür öffneten, war sie da, die Ameisenstrasse. Tausende, Millionen Ameisen (Schluss jetzt mit dem Betonungsquatsch) kamen durch die Lücke in der Grunstücksmauer, liefen einmal halb rund ums Haus und verschwanden in einem Loch in der Erde. Wie der Dübel! „Übel, übel, sprach der Dübel! Und verschwand in der Wand“. Am nächsten Morgen das selbe Schauspiel. Als hätten sie sich des Nächtens überlegt: och nee, hier im Loch ist es doch nicht so geil, gehen wir mal lieber wieder zurück, um dann festzustellen: nee, diese Entscheidung war jetzt auch nicht so richtig gut! Also wieder zurück und ab durch die Mitte des Mauerschlitzes und zum runden Haus, wo man so schön im Halbkreis laufen kann, um dann in einem dunklen Loch zu verschwinden. Am nächsten Abend erwischten wir dieses Heer von Ameisen (och nee, immer diese Ameisen?, ich werd sie einfach nicht los!) auf dem Hof. Am Rand. Da, wo das Bahamas Gras wächst. Aber am nächsten Morgen waren sie verschwunden. Jedenfalls sind diese Ameisen sehr wehrhaft! Ach ja, was wollte ich eigentlich erzählen?
Ach ja, die Ameisen im Baum. Es ist vollkommen außer Frage, dass es viel zu gefährlich ist, in einem Baum über der Boden zu arbeiten, wenn man von Ameisen angegriffen wird, die einem schmerzen und gegen die man versucht sich zu wehren. Deshalb haben wir die beiden Holzhacker erstmal in den Feierabend geschickt und sind an den Strand gefahren. Dort kam Pateh direkt zu uns und fragte, wie weit seiner Künstler gekommen sind. Unsere Antwort hat ihn durchaus betrübt und er erzählte uns die Geschichte mit der Schlange.
Seit Pateh unser Nachtwächter ist, war von Schlangen keine Rede mehr. Das kam mir sehr entgegen. Aber nun erzählte Pateh, dass er mit einem Freund während der letzten Regenzeit unter dem Baum saß und Ataya, Tee, trank, als sein Kumpel so ganz entspannt nach oben in die Baumkrone schaute und da, da kroch eine lange, schwarze Schlange den Baum hoch und verschwand in ebenjenem. „Aber diese Schlange ist nicht mehr im Baum! Sie fühlt sich da nicht mehr wohl. Wegen der Ameisen! Die attackieren sie. Da flüchtet die Schlange. Wo Ameisen sind, sind keine Schlangen!“ ist Pateh sich sicher.
Morgen kommen wieder die Baumkünstler und hoffen, dass die Ameisen freundlich, oder gar weggezogen sind. Dann werden sie weiter an diesem außerordentlich komplizierten Baumfällwerk, und das ist mein ganzer Ernst, weitermachen. Wenn sie Pech haben, macht Pateh morgen frei und treibt sie an. Wir bleiben am Ball!
Und dann ist da noch die Geschichte von Kurts Nachtwächter in Togo. Dem fiel eine Schlange vor seine  Nachtwächterfüsse, aus dem Mangobaum, weil sich zuckergierige Ameisen über die Mangos hergemacht hatten, und denen dabei die Schlange in die Quere kam und die sie dann kurzerhand attackierten. Also die Ameisen die Schlange. Punkt. (Liebe Anna, Dein „Punkt“ am Ende Deiner Ansprache zum Volkstrauertag wird mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben!)

 

 

Ameisen da sind

Hoftor und Monsterbaum

Weil wir das Hoftor nicht fürs Auto öffnen können, schmollen wir jetzt. Und da kam uns beim Schmollen ein ganz toller Gedanke. Schon die ganze Zeit nerven diese Früchte, die vom Gummibaum, ich nenn ihn jetzt mal so, aufs Blechdach fallen und dabei erschreckend laut knallen. Gerade heute Morgen wartete ich auf die Explosion, die diesem Knall folgen musste. Aber nicht kam. Dieser Gummibaum wächst sich schlängelnd um eine vollkommen harmlose Palme, sieht ziemlich gut aus, aber macht Schatten auf die Solaranlage im Sommerhalbjahr, in dem ich sowieso nicht mehr hierherkommen werde wegen der Hitze (vielleicht ja doch, wenn der Gummibaum weg ist), er lässt seine blöden Früchte lauthals auf unser Blechdach fliegen und er nervt gehörig, weil er immer eine Riesensauerei macht. Das betrifft eher nicht uns, als vielmehr Pateh, der diese Sauerei dann jeden zweiten Tag wegfegen muss. Aber auch Patehs Vorgänger haben diesen Gummibaum bereits verwünscht, weil er soviel Dreck macht.
Was soll’s? Wir haben kein rein gutes Gewissen dabei, aber heute haben zwei Künstler damit begonnen, den Baum abzusetzen, also peu a peu runter zu sägen.
Dafür hat Kurt erstmal 40m Seil gekauft. Zum Ziehen der Äste. Au Mann, die Künstler haben ihr Werk noch nicht beendet, und zum Glück haben sie den ein oder anderen Rat von Kurt berücksichtigt, der ihre Routine einfach mal mit geistvollen Einwänden unterbrochen hat. So ist uns das ein oder andere Wellblechdachteil verschont geblieben. Um jetzt nicht oberschlau zu wirken: die beiden Jungs haben es echt drauf! Sie haben unseren ganzen Respekt. Sind sind mutig, besonnen, kräftig und süß und sympathisch. Und ich glaube/hoffe, dass dieser Ideeninput von Kurt Wurzeln fasst. Zumindest noch mal in Ruhe über diese Strategiewechsel nachzudenken, würde für sie keinen Nachteil bedeuten. Denke ich.

Das Hoftor

Wie schon beschrieben, war es noch nie gut. Beide Torhälften schleiften über den Betonboden. Und wer denkt, das muss ja irgendwann mal genug geschliffen haben, denkt ähnlich wie ich. Der Denkfehler ist aber wohl, dass sich die Pfeiler, an denen die Torhälften befestigt waren, ob des Gewichtes der Torhälften, immer weiter nach innen neigten. Jetzt sind ja beide Pfosten neu gemacht und die Scharniere der Torhälften schön einbetoniert. Dann meldete sich der Maurer telefonisch und sagte, wir könnten nun das Tor wieder aufmachen. Das ist für uns natürlich nicht uninteressant, denn solange das Tor nicht geöffnet werden darf, können wir unser Auto nicht benutzen. Jedenfalls war das alles viel zu früh. Wir öffneten das Tor und sofort neigten sich die Torhälften wieder zur Tormitte hin und hin war das Wunder von Toreinbau. Ein ganz klein wenig genervt machten wir dem Maurer klar, als er den nächsten Morgen kam, dass das so alles nichts ist.
Jetzt sollten wir auf der sicheren Seite sein. Der Maurer hat alle Scharniere freigemeisselt, der Schweißer hat die Bewährungseisen im Betonpfosten mit den Scharnieren verschweißt, alles wurde wieder zubetoniert und jetzt warten wir ab.

Andrea hat Schnupfen und die Parties nehmen kein Ende

Seit Samstag. Seit Samstag habe ich Schnupfen. So ätzend, dass er mir die Weihnachtstage verdorben hat. Und heute, Mittwoch, ist er zwar etwas besser, aber immer noch bin ich am Niesen und die Tränen laufen. Bei weit über 30 Grad im Schatten ist das nicht schön und ich bin etwas genervt.
Ausserdem leiden wir mittlerweile unter akutem Schlafmangel. Freitag Party, Samstag Party, Montag Party, Dienstag Party. Und fast immer so laut, dass es einem die Ohren wegbläst, man das Gefühl hat, die Boxen stehen direkt neben dem Bett. Und immer bis halb vier, vier Uhr morgens. Und dann ist man endlich so im Halbschlaf angekommen, rufen die Muhezine der diversen Moscheen ihre Schäflein zum Morgengebet. Ehrlich gesagt haben wir da null Bock drauf. In der Zeit von Weihnachten bis Sylvester wird man uns hier nicht mehr sehen. Bin gespannt, wie das die nächsten Nächte weitergeht. Ab Sonnabend haben wir für zwei Nächte, also über Sylvester, ein Zimmer in einer Lodge in Karton gemietet. Die Lodge liegt weit außerhalb des Dorfes Karton direkt am Grenzfluss zur Casamance und es soll an Sylvester keine Disco geben. Vamos a ver. Oder Inshala, wie der Moslem sagt. Ich freu mich jedenfalls drauf, denn ich habe diese Lodge schon öfter vom Fluss aus beäugt und gedacht, dass das wirklich sehr einladend aussieht, dort. Aufgeräumt und ordentlich. Nun werden wir dort zwei Nächte verbringen! Und dieser ätzende Nupfen wird dann hoffentlich verschwunden sein.

Weihnachten steht vor der Tür

Oh weh, das kann noch doll werden! Morgen ist heilig Abend, und schon heute spielen die Christen verrückt! Aber der Lärm, der heute die Straßen durchflutet und gefühlt die Boxen neben unser Bett gestellt hat, soll uns wohl auf das vorbereiten, was da erst noch auf uns zu kommt….
Pateh sagt, die Christen fangen morgen, also Heilig Abend an, und machen Lärm jeden Abend bis Neujahr. Wenn das so ist, Prost Mahlzeit.
Ich bleib am Ball!

Irgendwie gibt’s ja immer was zu tun

Wir sind jetzt drei Wochen hier. An Haus und Hof gab es einiges zu erledigen.
Fangen wir beim Haus an. Das sollte einen neuen Anstrich bekommen. Mittendrin haben wir den Maler rausgeschmissen, weil er einfach nur Mist gebaut hat. Mit der Folge, dass Einiges an uns hängen blieb. Er hatte das Haus von außen aber schon mal weiß überstrichen. Den zweiten Anstrich haben wir uns geschenkt.
Der Sockel musste gestrichen werden, aber der Maler hatte uns eine ganz neue Technik mit einem Spritzzement versprochen, der aber an der ursprünglichen Ölfarbe nur teilweise hielt. Das ganze Zeugs hat uns nicht nur Geld gekostet, sondern musste abgespachtelt werden, bevor der Sockel neu gestrichen werden konnte. Das habe ich erledigt und auch den Anstrich des Sockels.
Innen im Haus hatte das eindringende Wasser der ein oder anderen Regenzeit an den Wänden Spuren hinterlassen, die ich übertüncht habe.
Einen Moskitofensterrahmen haben wir entfernt, weil sich dort die Termiten all zu sehr wohlfühlten.
Kurt hat verschiedenste Flickarbeiten in Sachen Beton erledigt. So war die eiserne Schwelle unserer Haupteingangstür weggegammelt und Kurt hat den rostigen Rest entfernt und dafür eine Betonschwelle gezimmert. Er hat die Grundstücksmauer teilweise erhöht in der Hoffnung, dass die Kinder nicht mehr darüber kommen.
Wir haben noch ein paar Pflanzen gekauft, um unseren Garten damit zu bereichern.
Nachdem Kurt für die Bedachung unserer Aussenküche mit Palmenblättern gesorgt hat er damit begonnen, ringsum eine Wand zu mauern, während ich die Säulen gestrichen habe.
Unser Hoftor war schon von Anfang an ein einziges Problem, weil es schlecht eingebaut war und sich die Torpfosten in Richtung Tor neigten und beide Torhälften ewig über den betonierten Boden schleiften. Gestern kam der neue Maurer und sie haben die alten Torpfosten weggemacht und neue Torpfosten betoniert. Morgen wird ausgeschalt. Dann muss der Schweißer noch mal kommen und das Tor nachjustieren.
Ausserdem hatte unser Spülkasten vom Clo den Geist aufgegeben. Etwas in der Mechanik war kaputt gegangen. Kurt versuchte, das zu reparieren, aber es gelang leider nicht. Einen neuen Spülkasten bekommt man nicht einfach so, sondern nur ein komplettes Ensembles, also Clo und Spülkasten samt aller Schrauben und Rohre. Ein teurer Spaß. Aber mangels Normen ist es das alleinig Sinnmachende. Denn der neue Spülkasten passte mit dem Clo tatsächlich in keinster Weise zusammen. Jetzt haben wir ein Clo-Spülkastenensemble vom Typ „Orient“ und ich muss sagen, das Sitz- so wie das Spülverhalten dieser Toilettenanlage ist unvergleichlich besser als die alte. Die Investition hat sich unbedingt gelohnt. Allein der Spülvorgang! Ganz langsam aber zuversichtlich sicher entsteht ein wunderbarer Strudel in der Closchüssel, der es auch dem härtesten Brocken unmöglich macht, länger in dieser Schüssel zu verweilen, als dem Betreiber lieb wäre. Das ist der gewaltige Unterschied zur alten Schüssel…
Tja, und so sind wir wirklich viel beschäftigt und wir schauen, dass wir aber nachmittags an den Strand kommen. Das gelingt uns meistens. Mittlerweile ist der Ozean aber leider ordentlich abgekühlt.

Weihnachten steht vor der Tür

….und unser Weihnachtsbaum tuts nicht!☹️ vor ein paar Tagen glimm er noch, aber jetzt ist alles aus.  Natürlich feiern wir auch hier Weihnachten. Vielleicht etwas anders als zu Hause in Deutschland. Aber mit Weihnachtsbaum, im Zweifel auch ohne Beleuchtung. Dann ist das eben so.

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Hamatan

Heute ist Dienstag der 19. Dezember und und seit drei Tagen haben wir Hamatan, diesen ätzend trockenen Wind aus der Sahara. Luftfeuchtigkeit bei 25%. Das ist nichts. Das merkt man/Frau auf der Haut. Die ohnehin schon alternde, trockene Haut wird noch trockener. Das Ergebnis: noch trockenere Haut, noch mehr Falten. Und: es ist saumässig kalt! 23 Grad Celsius mag sich ja für den durchschnittlichen Mitteleuropäer erstmal warm anhören, zumal in dieser Jahreszeit. Aber wir frieren. Morgens. Deshalb bleiben wir einfach etwas länger im Bett. Wir verpassen ja nichts. Es wird aufgestanden, wenn’s warm genug ist. Sind schließlich im Urlaub. Ich hätte einfach mal ein paar Tschirts einpacken sollen, einen Pulli, ne leichte Hose – nun sitz ich da und friere.
Und der Ventilator? Bleibt unbenutzt. Obwohl wir genug Strom haben.

Die Händlerinnen von Kalagi

Die sollen hier unbedingt nicht unerwähnt bleiben, die Händlerinnen von Kalagi.
Auf der Fahrt durch das Land gibt es nicht nur diverse, mitunter anstrengende, Polizeistopps, sondern auch Bushaltestellen. An diesen Stopps kommen dann diverse Frauen ans Fahrzeug und preisen und verkaufen ihre Sachen, meist Essbares wie sogenannte pancakes, kleine runde, in Öl  ausgebackene süße Teigkügelchen, Bananen, kaltes Wasser, Baobabeis an.
In Kalagi fanden wir bei diesen Frauen im Schatten eines  Mangobaumes Raum und Ruhe vor diesem schlimmen Officer in Charge an. Diese Frauen! Insbesondere eine von ihnen, waren so ein Trost! Sie halfen uns mit ihrem Mitgefühl und vor allem ihrer Führsorge durch den Tag. Eine nahm meine Hände in ihre um mich zu trösten, sprach mir gut zu. Sie besorgte mir eine Matte, auf der ich mich ausruhen sollte. Was ich gern annahm und tat. Sie gaben Kurt dieses leckere Halbgefrorenen Baobabeis und luden uns zum Essen ein.
Wir danken Euch Frauen von Kalagi. Ich werde Euch nie vergessen!