Ostersonntag bis Ostermontag

Sonnabend, 31. März

Banna und seine Kinder haben die Ehre gehabt, als erste in unserm Haus zu schlafen. Nachdem sie im Dorf gefrühstückt haben, kommen sie zu uns an den Strand. Ich hatte bereits ein paar Liegen für uns bereitgehalten. Die Kinder wollten erstmal ein wenig die Gegend erkunden und so machten wir alle zusammen erstmal einen Spaziergang. Dann wechselten die Mädchen in ihre Badekleidung, Markus lieh Banna seine Zweitbadehose, und dann stürzten wir uns in die Fluten. Allerdings sehr vorsichtig, denn Familie Kongira kann nicht schwimmen.

Nachdem Abendessen fuhren Banna und die Kinder mit dem Taxi zum Haus. Es war für uns alle ein total schöner Tag.

Sonntagmorgen sind Markus und ich dann mit dem Motorrad zum Haus, d.h. am hiesigen Obi hat Markus mich abgesetzt, weil ich nur Wellblech und Nägel für das Gäasthaus/watchman house kaufen muss. Ich begleite dann zu Fuß den Eselkarren mit den Einkäufen zum Haus.

Banna und die Kinder verabschieden sich, wollen erst im Dorf noch frühstücken und dann mit dem Buschtaxi zurück nach Georgetown. In afrikanischer Manier haben sie das ganze Grundstück gefegt und geharkt! Es sah mal wieder sehr ordentlich aus!

Banna hat sich gern bereit erklärt, meine mit dem verspäteten Containerschiff geschickten Sachen aus dem Hafen zu holen. Ich hab ihm alle Telefonnummern gegeben, alle informiert, dass nicht ich, sondern Banna die Sachen holen und ins Haus bringen wird, habe Banna Geld für den Transport gegeben, Hausschlüssel – es sollte eigentlich alles klappen!

Sonst klappt ja auch alles wie am Schnürchen. Heute Morgen, Ostermontag, wollte ich bei der Bank meines Vertrauens, der Reliance Bank, mein Bankkonto plündern. Allerdings ist heute Ostermontag und damit offizieller Feiertag! Die Bank geschlossen! Wir wollten gerade ein Taxi nehmen, da hielt Moses neben mir und bot mir an, uns nach Brikama zu fahren. Moses ist ein Rastamann, ca. Anfang 40, trommelt bei den Trommlern drüben im Djungle mit und hat ein Auto! Ich weiß nicht, woher er die Kohle hat, aber eines ist mal sicher: so einen coolen Fahrer hatte ich noch nie. Da ich ja nun eine von Ihnen sei (Moses und ich kennen uns schon länger und ich mag ihn, weil er einer der Wenigen ist, der mich nicht vollquatscht), hat er mir auch einen sehr anständigen Einheimischenpreis gemacht. So fahren wir mit cooler Raggeamusik nach Brikama und Moses, der seinen Arm locker aus dem Fenster hängen lässt. Brikama, Geld tauschen und zurück zum Haus.

Das Dach vom Gästehaus ist fast fertig, der Zimmermann wird ausgezahlt.

Der Schweißer hat Fenstergitter und Tür geliefert und wird ausgezahlt.

Mustafa ist im Bad dabei, Dusche, Clo und Waschbecken anzubauen und wird ausgezahlt.

Gamez I hat seine Malerarbeiten nicht ganz beenden können und bekommt einen Teil ausgezahlt.

Louis Sanyang nimmt Maß für den Einbau von Fenster und Tür, während seine Jungs fleißig dabei sind, das Haus von innen und außen zu verputzen. Ich bitte ihn, das Bad nicht zu verputzen, ich möchte die Wand unverputzt streichen lassen. Er guckt mich einigermaßen verwirrt und hilflos an. Vielleicht hat er mich ja nicht richtig verstanden? Deshalb erkläre ich ihm, dass wir Deutschen es schön finden, wenn die Struktur der Steine noch zu sehen ist. Da gibt er auf, das sieht er ein, andere Länder, andere Sitten, diese Weißen…..mag er sich gedacht haben. Auch er bekommt einen Abschlag ausgezahlt. So sind für heut mal wieder alle glücklich und zufrieden.

Und ich erst! Sanyang hätten auch mit dem Gästehaus schon hervorragende Vorarbeit geleistet. Aber jetzt ist es fast fertig! Den Schlüssel hab ich schon von Louis Sanyang bekommen.

Und natürlich das Wohnhaus! Es gibt zwar hier und da noch Kleinigkeiten zu tun, aber wir können im November einziehen.

 

 

Furchteinfössende Gesellen

 

Es war die Zeit der Jungenbeschneidungen, die jetzt überall zu Ende geht. Abseits der Städte werden die Jungs im Alter von 6 – 12 Jahren in den Busch gebracht, wo sie rund drei Monate bleiben. Dort werden sie beschnitten und lernen alles Mögliche über das soziale Miteinander, auch zwischen Männern und Frauen, Körperhygiene und, wie ich zumindest stark vermute, werden sie dort auch aufgeklärt. Wenn die Wunden verheilt sind und alle gesund, kommen sie aus dem Busch zurück und werden von ihren Familien und der Dorfgemeinschaft mit Feiern empfangen.

Zu diesen Feiern gehören auch Umzüge mit den Jungs und ihren Geschwistern und Müttern, die alle ganz stolz auf ihre Brüder und Zöglinge sind

Diese Umzüge werden von finsteren Gesellen in wilden Kostümen und schlimm geschminkten Gesichtern angeführt, in ihren Händen tragen sie Machten, die sie laut knallend aufeinander schlagen. Die kleineren Kinder rennen schreiend vor ihnen weg, während sie von den Alten lautstark beschimpft und verscheucht werden.

In einen solchen Umzug bin ich heute Morgen geraten, als ich den Eselskarren mit dem Wellblech zum Haus begleitete. Diese wilden Ungeheuer sind mir bekannt und ich hatte mein Vergnügen an ihrem Gebahren. Das gefiel ihnen wohl nicht und zwei von ihnen standen plötzlich vor mir und versperrten mir den Weg und knallten Ihre Macheten aufeinander. Da verging mir doch das Lachen! Aber jemand rief sie zur raison und so konnte ich meinen Weg fortsetzen.

Eigentlich wollen sie etwas Kleingeld für die Feier, aber ich hatte ganz einfach nichts dabei. So ließen Sie mich ziehen. Glück gehabt.

Das Beschneiden von Mädchen ist in Gambia von staatswegen verboten und es wird auch dafür geworben, davon Abstand zu nehmen. Gambia wird überwiegend von Menschen vom Stamm der Mandinka bewohnt, die Beschneidungen von jeher nicht unbedingt befürworten. Aber die Wolofs, die hier leben und überwiegend im Senegal beheimatet sind, umgehen das Gesetz gern. Leider.

Gründonnerstag, 29. März

Donnerstag, 29. März

Heute nehme ich mir einen freien Tag. Das Wetter spielt mit, die Sonne scheint, aber ein sehr frischer Wind kommt vom Meer her. 

Ich nehme das erste Mal in diesem Urlaub mein mitgebrachtes Buch in die Hand und lese bis zum Abend durch. 

 

Kathleen und Dave aus Brighton sind auch wieder hier. Mit Ihnen nehme ich einen gepflegten Sundowner ein.

 

Markus macht einen Ausflug…

…und es wird abenteuerlich.

„Fahr doch mal nach Georgetown (Janjanbureh)“ sagt Andrea zu mir. Andrea und Kurt haben einen Freund (Banna) in Georgetown und ich besuche ihn.

Der Tag beginnt recht früh. Ich werde um 08:30 Uhr von Papis, dem Taxifahrer, vom Hotel abgeholt und nach Brikama gefahren. Während der Fahrt treffen wir auf ein paar Schulkinder, die wir kurzerhand mitnehmen und schon sitzen wir zu siebt im Auto.

Von Brikama fährt der Bus nach Georgetown. Ich habe mich für den „Superexpress“ entschieden, der ist sogar klimatisiert und hält, nicht wie die „normalen“ Busse an jeder Palme.
Das Ticket habe ich schon am Tag vorher im „Busbüro“ gekauft. Das verlief auch besonders. Man nahm meine Geldscheine schrieb auf einen Zettel meinen Namen und heftete alles zusammen. Das war dann die Garantie für einen Sitzplatz. Jetzt heißt es warten. Der erste Bus kommt und ich frage einen freundlichen Mitarbeiter, ob das der Bus nach Georgetown ist? Ich ernte einen ungläubigen Blick. „Nein deiner ist blau, der hier ist doch grün!“ Okay, wieder was gelernt. Dann kommt, übrigens sehr pünktlich, mein Bus. Jetzt beginnt ein Schauspiel. Es wollen deutlich mehr Leute einsteigen, als Sitzplätze vorhanden sind und das Dach des Busses wird mit allerlei Hausrat beladen. Ich bekomme tatsächlich eine Sitzplatz und die Fahrt beginnt.
Nach ca. zwei Stunden dann der erste Halt in Soma. Ich habe etwas Hunger und kaufe mir an der Straße ein Weißbrot, das mit gebratenem Huhn, Soße und Zwiebel gefüllt wird. Es schmeckt, aber man sollte vorsichtig essen, denn es sind auch jede Menge Knochen dabei. Wieder im Bus biete ich meiner Sitznachbarin, sie spricht kein Wort englisch, ein paar Erdnüsse an – sie freut sich sehr. Dann bietet sie mir etwas von ihrem Essen an – ich kann nur leider nicht erkennen, was das ist. Todesmutig greife ich zu – es ist gut gewürztes, aber zähes Rindfleisch – Glück gehabt.
Ich treffe Banna, nach weiteren drei Stunden, an der Haltestelle und wir gehen zu seiner „Lodge“ direkt am Fluss. Georgetown liegt auf einer Insel im Gambiariver. Hier ist alles einfach, aber gut.
Wir mache noch eine Fährfahrt auf die andere Flussseite und erleben einen traumhaften Sonnenuntergang.

Am Nächsten Morgen geht es zuerst nach Wassu (Weltkulturerbe). Hier sind Steinkreise aus der Zeit um 600 vor Christus zu sehen. Die Erklärungen kommen vom „Stone-Man“, einem sehr beeindruckenden älteren Gambia.

Jetzt geht weiter an den Fluss auf ein Boot.

Das Rohr an der Bordwand ist übrigens der Abfluss für alles.

Auf der vierstündigen Fahrt sehe ich Hippos,

Schimpansen (die frei auf einigen Flussinseln leben). Sie wurden Ende der 1970er Jahre dort ausgewildert und vermehren sich.

Zurück in Georgetown, machen wir noch einen kleinen Rundgang durch die ehemalige Sklavenhändlerstadt. Hier begann übrigens auch die Geschichte von „Kunta Kinte“ aus der Serie „Roots“.

Die alten Kolonialbauten verbreiten einen morbiden Charme


Dann gehts noch kurz in eine Berufsschule. Hier bieten einige Niederländische Studenten gerade einen Metallworkshop an.


Das ist die Schulglocke

Wir sitzen dann noch am Wasser und genießen die Natur.

Am nächste Morgen dann die Rückfahrt nach Sanyang. Wir verpassen den „Expressbus“ und müssen ein „Buschtaxi“ nehmen. Das ist mal eine ganz andere Art des Reisens. Es ist heiß (42 Grad) und in dem Sprinter drängen sich 30 anstatt der erlaubten 15 Personen. Aber es herrscht eine gute Stimmung, jedenfalls solange bis ein Reifen platzt und der Fahrer geistesgewärtig handelt und die Fuhre am rechten Fahrbahnrand zum Stehen bekommt – Glück gehabt!

15 Minuten später kommt ein befreundeter Fahrer und bringt ein „neues“ Rad.
Der Rest der Fahrt ist unproblematisch und wir landen gesund und munter und mit vielen neuen Eindrücken in Sanyang und begrüßen Andrea. Das waren tolle Tage.

Karfreitag in Gambia

Karfreitag, den 30. März

Heute Nacht habe ich mal richtig gut geschlafen! Nach dem Frühstück geht es mit dem Taxi zum Haus, denn ich hab noch die große Tasche mit Dingen fürs Haus drin….

Und dann wird gewischt, gewischt, gewischt. Allmählich lässt sich erahnen, dass die Fliesen durchaus einen gewissen Glanz haben. Aber ich glaube, da muss erstmal ein akkurater Fussboden-Glanz-Reiniger von Johnson her……

Gerade hat Banna angerufen, sie seien jetzt kurz vor Brikama. Eigentlich hatte ich frühestens morgen mit Ihnen gerechnet.

Kurz darauf kam eine SMS von Markus: Reifenpanne! Es kann noch dauern….

Ich Versuch derweil im Haus für etwas Atmosphäre zu sorgen und Versuch mal, ein paar Vorher-Nachher-Bilder zu machen.

Und dann sind sie auch schon da. Bewundern das schöne Haus, das bis auf einen Stapel Zementsäcke jetzt auch wie eine Wohnung aussieht. Banna bekommt eine kurze Einweisung. Zum Glück kennt er einfache Verhältnisse und ist nicht weiter entsetzt, dass er auf das Aussenclo gehen muss und auch die Dusche noch nicht installiert ist. Aber das ist für ihn alles kein Problem, draußen ist ein Wasserhahn und eine leere Plastikflasche. Damit kann man sich auch „duschen“.

Dann fahren wir alle mit dem Taxi zum Strand. Markus braucht dringend eine Dusche, weil die Reise doch etwas beschwerlich war, ich eine Dusche, weil ich mich regelrecht heiß gewischt habe. Und die beiden Töchter von Banna haben Hunger. Und sie haben noch nie das Meer gesehen und sind schon ganz aufgeregt.

Auf dem Weg zum Strand fallen Hullei, der älteren Tochter die großen Gemüsegärten am Weg auf. Etwas, was sie von Georgetown kennt.

Später nach dem Essen sind wir dann alle zusammen die rund 3 km nach Sanyang zu Fuß gegangen. Da gab es gut was zu lachen. Ein Junge auf einem Fahrrad kam uns entgegen, und Hullei sagte zu ihrem Vater: also ich bin ja schon sehr schwarz, aber der Junge ist noch schwärzer!

Wenn man hier morgens/vormittags Leuten über den Weg läuft, begrüßt man sich mit „good Morning“ und dann kommt immer die Frage „Howe is the Morning?“ Mich hat das immer schon irritiert. Sehe ich noch so verschlafen oder verfaltet aus, sitzen die Haare nicht? – Bis ich vor ein paar Tagen gelernt habe, dass das eine ganz normale Grußformel ist, die man von den einheimischen Sprachen ins Englische übernommen hat. Jetzt komme ich den Leuten immer zuvor und ich frage : how is the morning? Das kommt gut an!!!

Gestern war Karfreitag und am späten Nachmittag ging Jawla, der Hotelbesitzer im Standrestaurant rum, und jeder bekam eine Art Getränk aus Reis, Bananenbrei, Cocusnuss, ….in ein Becherchen gereicht. Ich habe gelernt, dass man dieses Getränk hier an Feiertagen reicht. Es war sehr lecker. Als ich Jawla daran erinnerte, dass Karfreitag doch ein christlicher Feiertag sei meinte er, dass man da keine Unterschiede machen wolle. Wir hätten doch alle den einen Gott, egal ob Christen oder Moslem! – Man möchte sich so viel Toleranz bei uns wünschen. Aber vor ein paar Tagen las ich in der HAZ eine Karikatur mit Seehofer in der er sagt: Frauen gehören nicht nach Deutschland….in Anspielung natürlich auf den Islam-Satz und in Anspielung, dass er keine Frauen in Führungspositionen in seinem Kabinett hat.

Heut morgen traf ich Brikamer, der gestern seinen freien Tag hatte. Als ich ihn fragte, wie sein freier Tag gestern war, da war er ganz glücklich. Es wurde Karfreitag gefeiert, jeder bekam dieses spezielle Getränk bekommen und man hätte gar nicht unterscheiden können, wer Christ und wer Moslem ist. Das wäre so schön gewesen! Das hat mich ungemein berührt.

Vor ein paar Tagen sprach mit jemanden längere Zeit über das Verhältnis zwischen Christen und Moslem hier im Land. Der war glücklich, das sich in den letzten Jahren so viel zum Besseren geändert hat. Er sagte sowas wie: vor 15 Jahren hätten wir nicht miteinander gesprochen. Vor 10 Jahren hätten wir nicht zusammen gesessen. Vor 5 Jahren hätten wir nicht aus der selben Schüssel gegessen. Und heute gibt es gemischte Ehen!