bis jetzt

vertragen wir uns. Davon abgesehen, haben wir ein paar Kilometer gerissen und gehen es jetzt gemütlicher an. Von Freitag bis Sonntag sind wir gut 1500 Km gefahren. Seit gestern, Montag, gehen wir es entspannter an, rund 200km pro Tag müssen reichen. Bisher ging unsere Route westlich der Ostsee Richtung Norden durch Schweden. Heute haben wir Lulea, ganz im Norden der Ostsee, erreicht. Hier bleiben wir bis Donnerstag.
Eigentlich wollten wir heute Abend in einen Weihnachtsgottesdienst, aber die einzige Kirche, die wir weit und breit fanden, den Dom von Lulea, war geschlossen. Vielleicht haben die Schweden es nicht so dolle mit der Kirche. Die Christianisierung fing erst spät hier an. Eine ganz interessante Geschichte, wie sich das Christentum hier in Skandinavien entwickelte.

Bislang sind wir immer auf der E4 gefahren, eine Art Autobahn. Überwiegend 3-spurig, also abwechselnd mal eine, mal zwei Spuren pro Richtung. Viel Wald, viel Gegend, viel Wasser. Und seid gestern voll der Schnee. Alles weiß. Es sieht schön aus!

Auch wenn Sonnenaufgang erst spät ist, ist zwei Stunden vor Sonnenaufgang das erste Tageslicht am Horizont zu sehen und es wird hell. Auch, wenn die Sonne untergegangen ist, bleibt es noch eine ganze Weile hell. Je weiter nördlich wir kommen, desto kürzer der Tag, d.h. Sonnenaufgang in Lulea heute um 9.56h, Untergang um 13.05h. Um halb vier heute Nachmittag war es tatsächlich stockenfinster. Wir sind zu der Zeit ein wenig durch die Nachbarschaft spaziert, aber es war kaum ein Schwede auf der Straße. Die sitzen bei der Kälte wohl auch lieber in der warmen Stube. Zumal am Heilig Abend…

Wir sitzen jetzt gemütlich in unserer wohl temperierten GERDA. Die Heizung hat schon mal schwer zu arbeiten, wenn es draußen sehr kalt wird, aber sie schafft es locker, uns warm zu halten. Und es ist unglaublich gemütlich hier. Jetzt ist Heilig Abend. Wir haben nach dem Spaziergang Bescherung gemacht und dazu einen guten Sekt getrunken, dann gab es Käsefondue und jetzt sitzen wir hier so rum. Gelegentlich sprechen wir. Miteinander. Oder auch jeder für sich. Naja.

Übermorgen geht es nach Jokkmokk. Das liegt auf dem Polarkreis, dem Wintersonnenwendekreis (mmmmh, mal wieder eines von den langen Worten…😅). Von dort fahren wir weiter Richtung Norden, bis wir die Dunkelheit erreicht haben. Dann werden wir entscheiden, ob wir ans Nordkap fahren, oder nicht. Das Nordkap war zwar ursprünglich unser vornehmestes Ziel, aber es gibt auch Argumente, die nicht dafür sprechen. Wir wollen das aber jetzt noch nicht entscheiden.

Es gab viele die sagten, im Winter, jetzt? Nach Norden? Da sieht man doch nichts. Das stimmt nicht. Man sieht eine ganze Menge. Viel Gegend, die jetzt im Winter bestimmt so spannend ist wie im Sommer, nur anders. Man sieht Schweden, meistens draußen, weil sie den Hund gassi führen müssen. Es scheint, als würde der gewöhnliche Nordländer bei diesen besonderen klimatischen Verhältnissen auch lieber im Haus bleiben.

Wir machen diese Reise, weil wir es wollten. Wegen der Polarlichter. Die sehen wir hoffentlich auch noch. Aber ein zweites Mal werde zumindest ich, nicht noch mal so weit in den Norden fahren. Auch nicht im Sommer. Es ist sicher unheimlich schön hier! Diese Natur, die Wälder, riesige Findlinge, die hier so in der Gegend herum liegen. Aber ich weiß jetzt ganz sicher: ich bin ein Kind der Sonne, der Wärme. Was wir hier machen, ist okay. „Been there, done that“, wie der Amerikaner sagt.

Skandinavien im Winter

Noch so was. Wintercamping! Dieses Wort fiel heute an der Rezeption des Campingplatzes in Umea. Als wir die freundliche Schwedin (es gibt gar nicht nur alte Schweden, sondern auch junge Schwedinnen!) danach fragten, ob denn viele Gäste kämen? Zu dieser Zeit! Sie erklärte, das wegen Weihnachten gerade viele Schweden kämen, die zu Weihnachten bei ihren Familien sein wollten, aber auch gerade viele internationale Gäste „like you“ zum Wintercampen kämen. Da war es, das Wort, das uns ins grübeln brachte. Beim Nachmittagskaffee mit diesen wunderbar leckeren Keksen von Arpker Frauen liebevoll gebacken, sprach mein lieber Kurt es aus: „Wintercamping! Nie im Leben hätte ich gedacht, dass mir so etwas passieren könnte.“ Er sprach mir sowas von voll und ganz aus der Seele, dass es mir schon unheimlich war! Denn genau das ging mir auch die ganze Zeit durch den Sinn. Aber was soll ich sagen? Solange die Heizung brummt, macht Wintercampen Spaß. Noch brummt sie, die Heizung, gegen die -10 Grad Außentemperatur gegenan. Noch sorgt sie für wohlige 20 Grad in GERDA. Morgen ist Heilig Abend.

Tag 4: Sundsvall – Umea, km 1803

Eigentlich wollten wir bis Lulea fahren (560 km), aber im Dunkeln ist es nicht so schön zu fahren, außerdem ist die Spritzanlage ausgefallen und die Sicht ist beschränkt und die Tage werden immer kürzer. So entscheiden wir uns nur bis Umea, eine Studentenstadt zu fahren. Da kommen wir auch genau mit der Dunkelheit an. Also um 14 Uhr. Von unterwegs hat Andrea den Campingplatz angerufen und es ist wirklich Betrieb hier. Andauernd kommen neue Wohnmobile oder sogar große Wohnwagen.

In Sundsvall hatten wir Angst vom Platz herunterzukommen. Es war bei Ankunft schon sehr vereist, so daß es schwierig war darauf rumzulaufen. In der Nacht hat es dann auch noch gefroren und geschneit, so daß der Platz dann doch gut befahrbar war. Zu unserem Wohnmobil gesellten sich noch zwei Weißwaren aus Bayern. Die wollten zu Weihnachten am Weihnachtsmanndorf sein.

Wir mussten erst einmal durch eine super Winterlandschaft und geschlossene Schneedecke, ungeräumt, ca. 15 km bis zur E4 fahren. Da fährt man nur mit Tempo 40km/h. Aber die neuen Winterreifen tuen ein nur einen guten Job. Kein Rutschen, nur Traktion.

Auf der E4 fährt es sich prima. Es ist keine Autobahn, aber eine gut ausgebaute, dreispurige Kraftfahrzeugstrasse. Abwechselnd hat man mal eine, oder zwei Spuren. Die Bahn ist geräumt und gesalzen. So verschmiert auch immer wieder die Frontscheibe und die Spritzanlage funktioniert nicht mehr. Es liegt nicht am Wischwasser, denn das ist prima bis -20 Grad. Abends in spiziere ich die Schläuche und kann keinen Verstopfer feststellen. Vielleicht waren einfach die Spritzdüsen verstopft. Jetzt geht es wieder. Hoffentlich auch morgen wieder.

Der Campingplatz hat neben einer voll eingerichteten Küche auch noch super Duschen. Und so nutzen wir die Gunst der Stunde und für die Feiertage noch einmal richtig fein zu machen.

Heute wird mit zwei Platten gekocht. Andrea macht den Löwenanteil warm „Sweet Chilli“ und vereinert noch einmal mit diversen Zutaten und Kurt geht in die Küche und macht dort Kartoffeln für Kartofelpü. Das wird ein Festschmaus.

Camping in Nordskandinavien im Winter

oder

Meine Haare sind fettig

…..ja,ja, schon klar! Duschen wird völlig überbewertet. Haare waschen eh. Aber schick soll man dann doch auch aussehen. Wenn man ausgeht. Das kommt gerade und zum Glück nicht so oft vor. Aber das ist Schnee von gestern! Heute sind wir auf einem amtlichen Campingplatz gelandet und die Haare sind gewaschen. Schon toll, so eine heiße Dusche in Sibirien!
Apropo Schnee. Wir sind gar nicht in Sibirien, sondern schon ganz schön weit im Norden Schwedens. Also, wir sind gestern Abend in den Winter gefahren. Aber was heißt hier Abend? Nur weil es dunkel ist, kann es durchaus erst 15.30 Uhr sein. Liegt wohl am Breitengrad…

Ach ja, die Breitengrade. Mein persönlicher Breitengrad wird heute Abend Chilli mit Kartoffelpü bekommen.

Tag 3: Norrköping – Sundsvall – km 1500

Die Übernachtung auf dem Camper Parkplatz war unspektakülär und von starken Regenfällen geprägt. Zum Glück ist die GERDA regendicht und so konnten wir die Nacht bis zum frühen Morgen gegen 8 Uhr geniesen. Gegen 9:15 Uhr ging es dann wieder auf die Bahn. Wir mussten gut 500 km abreissen. Wir sind fast keine Autobahn gefahren und so konnten wir die Gegend schön geniesen. Die Landwirtschaft ging immer weiter zurück und der Schnee nahm zu. Zumindest auf den Wiesen und Seen zeigten sich Eisschollen. Auch sieht man vermehrt Schneeflüge, die aber meistens nur Salz streuten.

Gegen Mittag sind wir in GÄVLE abgefahren, da es dort einen Brauch gibt, dass in der Adventszeit ein 13 Meter hoher Julbock abgerannt wird. Den wollten wir uns anschauen. Und wirklich, deren stehen zwei auf dem Julbockplatz am Eingang zur Fussgängerzone und Weihnachtsmarkt. Ob die jetzt wirklich noch abgebrannt werden, oder ob die Stadtverwaltung dem Brauch doch noch einhalt gewähren kann konnten wir nicht mehr herausfinden.

Da die letzte Übernachtung ohne Landstrom so gut geklappt hatte hat Andrea noch einmal einen öfentlichen Stellplatz herausgesucht, sogar mit Duschen. Die Anfahrt war von jede Menge Schnee geprägt, obwohl die Strassen doch zumeist geräumt und gestreut waren. Bis auf die letzten 13 km auf einer dicht beschneiten ungeräumten Piste durch den Wald. Hier war es gut aktuelle Winterreifen zu haben und es gab keine allzu großen Steigungen. Aber es war auch gut eine 160 Watt LED LEiste zu haben, denn hier fuhr keiner mehr herum und es war stockend duster um 15:30 Uhr.

Den Platz haben wir gefunden, es ist eine Wendehammer in einer kleinen Marina. Doch von Duschen keine Sicht und der Wendehammer völlig vereist. Mal schauen, ob wir da morgen wieder herauskommen.

Jetzt erst mal einen schönen Glühwein und ein paar Kekse zum vierten Advent. Und dann noch ein Gemüsesuppe. Das Leben kann so schön sein !!

Tag 2: Kopenhagen – Norrköping – km 1003

In Kopenhagen hatten wir auf einem riesigen Campingplatz übernachtet, inmitten von Weißware. Dafür gab es gute Toiletten, Duschen und sogar eine geheizte Küche für den Abwasch. Wir hatten hier übernachten, da wir die Öresundbrücke bei Tageslicht machen wollten. Wir hatten am Vortag schon online das Ticket gelöst und Kurt hat die Gerda bei der skandinavischen Mautstelle angemeldet, sodaß jetzt nur noch das Kennzeichen gescannt wiord und man dann eine Rechnung bekommt. Bei der Öresundbrücke ist nur auf der schwedischen Seite eine Mautkontrolle. Von Kopenhagen aus fährt man direkt ohne Kontrolle in einem ziemlich langen Tunnel, kommt auf einer künstlichen Insel heraus und von dort über die 8km lange Brücke nach Schweden. Bei der Mautkontrollstelle in der richtigen Spur eingefädelt und schon geht die Schranke hoch. Dann mussten wir aber noch einmal an der Grenze zittern. Es wurden doch alle Personalausweise kontrolliert, von einem schwedischen Grenzer, der uns auf Deutsch auch noch eine schöne Weihnacht und einen guten Rutsch wünschte.

Die Strecke durch Schweden ist eher unspektakulär. Endlose Strecken durch Kiefern und Birkenwälder. Hin und wieder ein Haus oder ein großer landwirtschaftlicher Betrieb. Zu Mittag sind wir in Jönköping abgefahren und haben versucht am Hafen ein Fischrestaurant zu finden. Im zweiten Anlauf haben wir dann das „la vue“ gefunden, welches direkt an der Wasserkante liegt. Hier mussten wir uns zum ersten Mal mit der schwedischen Sprache auseinandersetzen. Andre hatte „Mules Frites“ bestellt, was man wschon aus Frankreich kennt, bei meinem Gericht „Pasta oder so“ konnte ich zwar einige Dinge mit dem Übersetzer hinkriegen, aber das Wort ür Hühnchen habe ich da nicht gefunden. Aber der Anblick entschädigt für alle Unzulänglichkeiten.

In Norrköping wollten wir dann übernachten, aber alle Campingplätze hatten geschlossen. So haben wir dann einen Camper-Parkplatz im Zentrum gefunden, und wollten dann doch mal ausprobieren, ob unsere Batterien das aushalten. Um 18:15 Uhr haben wir unsere GERDA abgestellt, da hatte die Batterie noch 399 AH. Dann hatten wir die Heizung bis morgensum 8:00 Uhr eingeschaltet. Dazu am Abend die Innenbeleuchtung und den Kühlschrtank, sowie Tagesschau über die Mediathek, und morgens noch 2 Liter heisses Wasser gekocht für Tee und Kaffee. Am Ende hatten wir noch sage und schreibe 372 AH übrig. Und die sollten dann durch die Fahrt wieder auf 392 AH aufgefüllt werden. Wenn man genügend fährt braucht man gar keinen Landstrom und kein Solar. Das finde ich eine prima Erkenntnis.

Tag 1 – Arpke – Kopenhagen 472 km

Jetzt sind wir doch tatsächlich losgekommen. Freitag Morgen noch die letzten Erledigungen wie Packen und Fussnägel bei den Alpakas schneiden. Ölwechsel und diverse andere Kleinigkeiten hatten wir noch am Donnerstag erledigt. Wir haben von 10W40 auf 0W30 Motoröl umgestellt. Kurt wollte auch noch einen Tauchsieder für das Kühlwasser montieren, aber das war dann doch zu kompliziert.

Gegen 11 Uhr sind wir dann „on the road“. Der Fünfzylinder schnurrt wie am Schnürchen und so geht es die A7 Richtung Hamburg und weiter über die A1 Richtung Lübeck. Dann gab es auch schon die erste Unstimmigkeit. Auf der Autobahn war ein Schild, dass die Strecke Richtung Puttgarden gesperrt sei. Also runter von der Autobahn und den Umgehungsschildern gefolgt. Sowohl das TomTom als auch Google Maps wollten viel lieber auf der Autobahn bleiben. Aber da sind wir ja analog.

Von unterwegs hatten wir noch schnell eine Fähre für 16:15 Uhr gebucht und kamen auch direkt drauf. Abfahrt war dann schon 15:40 Uhr. Onboard haben wir im Schlemmerrestaurant eine Pommes mit Bernaisesosse und einen Kaffee genossen. Das sollte dann auch unser Abendessen werden.

Endlich wieder an Land in Rodby sind wir die letzten 140 km bis zum Campingplatz in Kopenhagen gut durchgekommen. Der Campingplatz ist riesig groß und gut organisiert. Für knapp 50,- Euro haben wir dort einen Stellplatz mit Strom bekommen.

Und dann die erste Nacht in unserem kuscheligen Bett . Die Heizung aufgedreht auf 20°C und wir haben live die Thermometer verfolgt, die bei 13 Grad anfingen. In kurzer Zeit war es aber kuschelig warm. Abends haben wir dann nur noch gelesen und Tagesschau geguckt. Wir haben doch jetzt sogar einen Fernseher an Bord, der über den Internetrouter auf die Mediatheken zugreifen kann. Purer Luxus.

Die Sonnenbrillen lassen wir zu Hause

von Andrea

….denn wir fahren in die Dunkelheit, in die Polarnacht.

Wir sind jetzt in Schweden und finden keine Campingplätze. Das ist uncool, weil bei dem wenig bis gar keinen Sonnenschein unsere Solaranlage wenig bis gar keinen Strom produziert und wir somit auf Landstrom angewiesen sind. Den gibt es seltener auf Stellplätzen….Aber auf Campingplätzen. Aber die haben undurchschaubare Öffnungszeiten. Das war in Dänemark besser organisiert. Aber das ist der Kummer, der uns gerade umtreibt. Dazu kommt das ödelige Grauingraumieselpieselwetter (das schönste an der deutschen Sprache sind die langen Worte! Und mit ein wenig Fantasie kann man sie immer noch etwas länger machen. Zu meinen Studentenzeiten mit vielen Nordlichtern im Semester war das Wort Isenbahnpalapunddaldreiher das längste uns bekannte Wort in der suderburgischen Hemisphäre, aber da setz ich mit meiner Wetterbezeichnung locker noch einen drauf) und langweilige Autobahnfahrt. Tja, erwischt! Jetzt suchst Du den Anfang vom Satz🤣.

Ich kann nicht behaupten…

das es in unserem Freundes- und Bekanntenkreis viele gab, die – naja, also immer mal wieder bekam ich zu hören: ans Nordkap? Im Winter? Jetzt? Da ist es doch die ganze Zeit dunkel?! Warum?….

Tja, warum? Weil ich Nordlichter sehen will. Punkt.

Nordlichter sieht man am ehesten – im Norden. Aurora borealis ist die wunderschöne technische, oder wohl eher wissenschaftliche Bezeichnung für unsere Nordlichter. Und wenn eine wissenschaftliche Bezeichnung so ein wunderschönes Wort kreiert, dann sollte manfrau sich das ganze doch mal näher anschauen. Und deshalb bin ich hier und fahre ans Nordkap. Mit Kurt. Es war seine Idee, mir den Wunsch nach der Sichtung von Nordlichtern zu erfüllen. Und mit GERDA, unserem umgebauten Rettungswagen, kurz RTW genannt.

Ja, im Norden ist es dunkel

Ganz besonders jenseits des Polarkreises. Da wird es im Winter von irgendwann im November bis irgendwann im Februar nicht hell. Also die Sonne scheint da dann nicht. Hell ist es vielleicht bei Mondschein, der sich im Schnee reflektiert. Der Polarkreis ist da die Grenze zwischen Tag und Nacht. Die verläuft nicht schnurgerade, ist also kein Strich in der Landschaft, sozusagen, sondern ein Bereich, von dem jenseits im Winterhalbjahr die Sonne nicht mehr auftaucht. Deshalb ist es dann da dunkel. Was ich bei meinen Recherchen entdeckt habe und was ja eigentlich logisch ist, aber ich denke ja nun auch nicht andauernd über den Polarkreis nach ist, dass am Polarkreis selbst es tatsächlich nur einen, 1nen, Tag gibt, an dem es keine Sonne gibt, und das ist der Tag der Wintersonnenwende, meistens am 21. Dezember. Nördlich vom Polarkreis ist da längst zappenduster.

Alles Gebiet nördlich des Polarkreises gehört zum Nordpolargebiet. Alter Schwede, und da wollen wir hin! Also wenn das keine Reise wert ist, was dann?

Ich möchte und muss (es gibt Menschen in meinem Freundeskreis, die mich nur im Süden sehen…) dazu sagen: im ganzen Leben nicht wär ich darauf gekommen, jemals in den Norden zu fahren. Niemals!!! Nieeee nich!!! Und dann kam Kurt mit den Auror borealis – ….🥰

Die Sanyanger, ein feierfröhliches Volk, Sylvester und Jungbullen

Was die nicht alkoholtrinkenden Moslem den weinseligen Ungläubigen voraus haben ist, dass sie nicht unter Kater, dicken Köppen oder sonstigen Ausfällen nach einer durchfeierten Nacht leiden, sondern nach wenigen Stunden tiefen Schlafes aufwachen, frisch sind wie die Fische im Wasser und einfach weiter feiern.

Das haben wir in dieser Zeit vom Weihnachtswochenende bis Neujahr erfahren dürfen. Jeden, mitunter auch nur jeden zweiten Abend ging in Sanyang dermaßen die Post ab, dass wir ein paar Mal hätten beschwören können, dass die gigantischen Lautsprecherboxentürme direkt unter unserem Fenster standen. Auf uns gerichtet! So laut war es. Und man feiert nicht nur gern und häufig, sondern auch lang, gern bis kurz bevor morgens um halb fünf die Muhezine über ihre schnarrenden, den Ton verzehrenden, völlig ausgelutschten Lautsprecheranlagen zum Gebet rufen. 

Das würde erst recht nicht an Sylvester anders sein. Da waren wir uns sicher. Und dann kam mir eine ganz verwegene Idee. Und in verführerischem Ton hauchte ich meinem Kurt einen sensationellen Vorschlag ins Ohr: „Schatz, lass uns über Sylvester wegfahren. Es gibt da eine Lodge, die liegt ganz einsam am Fluss, weit weg vom nächsten Ort. Es sieht dort immer so schön und friedvoll aus! Wir könnten dort eine wunderbar ruhige, romantische Sylvesternacht verbringen. Was meinst Du?“ möglicherweise zogen blitzartig Erinnerungen an voreheliche Schäferstündchen in Kurts Erinnerungs- und Energiefeld auf, jedenfalls kam die Antwort sofort und es war ein klares, strahlendes „Jahhhhh!“

Also Köfferchen gepackt, Badetasche geschnappt und ab die Post! Nach 45 Minuten waren wir am Ziel. Die Stala Lodge liegt wirklich sehr abgelegen. Man fährt eine Weile durch trockenliegendes Überflutungsgebiet, so ein bisschen wie durch die Wüste, immer irgendwelchen vorhandenen Spuren folgend. Dann kamen wir an. Lamin, der Chef, brachte uns zu unserer kleinen, romantischen Rundhütte, etwas abseits gelegen vom zentralen Platz der Unterkunft und direkt am Fluss. Mit kleiner Terrasse mit Tisch und zwei Stühlen vor der Tür. Ach wie schön! Das Zimmer war nett, das Bad nicht so winzig wie sonst meist üblich in den günstigen Unterkünften, die Aussicht auf den Fluss und die Vogelwelt fantastisch, gegenüber das Ufer der Casamance, dicht mit Mangroven bewachsen. Die Nacht schliefen wir in der Stille der Natur tief und fest.
Und heute ist Sylvester. „Es kommen ein paar Leute“, sagte Lamin, „um zwölf wird sicher etwas geböllert, um eins ist die Musik dann aus. Unsere Gäste sollen schließlich nicht disturbed werden.“

An Weihnachten kamen wir an den Strand bei Jawla und hatten unsere Strandliegen eingenommen. Die Stimmung war urlauberisch. Hier Gemurmel, dort Gemarmel, von irgendwoher drangen leise Reggae Rhythmen zu uns herüber, als am späten Nachmittag plötzlich ein sehr illustres, äußerst attraktives Grüppchen Menschen den Strand von der Bar her überquerte und sich in der ersten Reihe am Strand ein paar Liegen zusammenstellte. Dieses Grüppchen fröhlicher Menschen strahlte eine unübertreffbare Lebensfreude aus. Sie ließen sich auf den Liegen nieder, wollten gern beieinander sein. Sie schnatterten und lachten ohne Pause und auch die ein oder andere mitgebrachte Rauchware machte ihre Runde. Aus ihrem auch mitgebrachten, nicht sehr kleinen Ghettoblaster erscholl die schönste Soulmusik und manche Texte sangen sie alle mit und tanzten dazu. Es war ein Bild purer Harmonie. Und nach zwei Stunden verschwanden sie wieder. Das empfand ich als sehr schade. Es ging eine einzigartig fröhliche und friedvolle, lebensbejahende Stimmung von ihnen aus, und sie waren einfach schön anzusehen.

Es war wohl eine Gruppe Jamaikaner, die in UK leben und hier nach Gambia zu ihren Wurzeln zurückkehrten, zumindest für die Zeit eines Urlaubs. Viele Jamaikaner haben gambische Wurzeln. Deshalb ist auch der Reggae hier die vorherrschende Musikrichtung.

In der Stala Lodge kam am Sylvestermorgen ein Auto auf den zentralen Platz gefahren und parkte ganz selbstverständlich vor unserer Nachbarhütte (und nicht wie wir auf dem „Parkplatz“ (please, Park your car correctly)) die etwas größer war als unsere, wohl eine Familienhütte. Sie hatten zwei Kinder dabei. Es waren Libanesen. Der Vater und die Kinder begrüßten uns freundlich, die Mutter verschwand ungesehen im Zimmer. Der Vater lud unzählige Angelrouten aus dem Auto und verfrachtete sie in sein Boot am Flussufer. Außerdem kleinere und größere Kühlkisten, die unterschiedlich schwer zu sein schienen, Sechsergebinde großer Wasserflaschen. Dann setzte er sich in sein Boot, startete den Motor und verschwand flussaufwärts. 

Kurt und ich tingelten so durch den Tag, machten mit dem Taxiboot einen kleinen Ausflug zum Nachbarort, saßen dann lange am Fluss, betrachteten die Boote, die kamen und gingen, die vielen Vögel, die Kingfischer und verschiedensten Reiherarten, die sich auf dem gegenüber liegenden Flussufer nach Nahrung umsahen, und später mit der App SkyView Lite die Sterne über uns, allen voran Jupiter, der hell wie immer leuchtete, und verschiedene Sternenbilder. Dann war das Buffet eröffnet und wir gesellten uns mit unseren vollen Tellern zu Thomas, der von Hannover mit seinem umgebauten Unimog bis hierher gefahren war. Wir hatten einen schönen Abend mit interessanten Gesprächen über Autos und gegen elf gingen wir zu unserer Hütte zurück. Wir waren alle müde und bis Mitternacht aufzubleiben war keinem von uns so wichtig. 

Zurück bei unserer Hütte hatte sich die Libanesenfamilie auf zwanzig, dreißig Personen vergrößert, einschließlich einiger kleinerer Kinder. Die Frauen verschleiert, die Männer nicht. Sie hockten alle eng beieinander vor ihrer Hütte und die Welt um sie herum schien sie nicht sonderlich zu interessieren.

Um zwölf sollte Knallerei kommen und um eins wollte Lamin die Musik abstellen. Das fanden wir nicht nur gut, sondern auch nachvollziehbar, bei den ganzen Kindern. Und tanzen tat von denen sowieso niemand. Andere Gäste waren nicht da. Also eine ganz beschauliche, ruhig-romantische Sylvesternacht.

Um zwölf wurde Geballert. Ein paar gewaltige Chinaböller explodierten so gewaltig laut und hell, dass mir im Bett Angst und Bange wurde. Schließlich sind es da draußen Libanesen…Aber dann war die Knallerei vorbei und ich dachte: „Noch eine Stunde, dann ist die Musik aus und Du kannst schlafen.“

Gegen viertel vor eins hörte ich Männerstimmen direkt vor unserem Fenster. Weil sie nicht verschwanden schaute ich hinaus, was da los sei und da standen ein paar der libanesischen Männer vor unserem Fenster und quälten offensichtlich ein Tier, es sah aus wie ein Affe, dan sie am Schwanz festhielten.

Sehr, sehr aufgebracht rannte ich raus und was ich sah war nicht ein Affe, der gequält wurde, sondern ein Jungbulle, dem man unter unserem Fenster gerade die Kehle durchschnitten hatte. Mit meiner Taschenlampe erhellte ich diese schreckliche Szene und schrie sie an, ob sie denn wohl total irre geworden sind, und dass sie dieses Tier von unserer Hütte wegschaffen sollten. Die vollkommen überraschten Schlächter standen im Lichte meiner Taschenlampe wie angewurzelt da und starrten mich an, als wäre ich ein Geist, eine Erscheinung aus dem Off. Als ich dann das lange, blutverschmierte Messer in der Hand des Einen sah, entschied ich mich, Lamin zu rufen. Zusammen mit Lamin ging sehr schnell zurück zu dem Schauplatz und Lamin hatte mit seinen kurzen Beinen Last, mit mir Schritt zuhalten. Zurück am Tatort hatte man das noch immer nicht tote Tier etwas von unserer Hütte weggezogen, aber ich schimpfte alles, was mein englisches Vokabular hergab und Lamin immer nur: sorry, sorry. Und stand da wie ein begossener Pudel vor unserer Zimmerterrasse. Ein dreifaches sorry war hier irgendwie nicht mehr genug. Und erst recht nicht, als die Libanesen eine halbe Stunde später zwischen unseren beiden Hütten ein Feuer entfachten, das Tier auseinander hackten und an zu kochen fingen, laut erzählend, die Kinder kreischend und tobend dazwischen.

Um viertel vor zwei beschlossen Kurt und ich unsere Sachen zu packen und nach Hause zu fahren. Die würden bis zum Morgen kochen und essen und feiern und quatschen, das war absehbar. Wir hatten einfach von allem genug wollten nur noch weg von hier. Deshalb packten wir unsere Sachen, legten ein paar Scheine für Lamin aufs Bett und verschwanden mitten in der Nacht. Von diesem romantischen Ort.