Von Saana, Baobas und Dschins

Saana kenne ich schon ziemlich lange. Eigentlich, seit dem ich angefangen habe, unser Haus zu renovieren. Wie alt er ist weiß ich nicht. Aber er ist körperlich behindert und auch geistig. Er hat gewaltige O-Beine und deshalb einen ganz komischen Gang, ein verkrümmtes Handgelenk, die wenigen Zähne in seinem Mund stehen schief, sind aber strahlend weiß. Er scheint mich sehr zu mögen. Wenn ich ihm begegne, meist mit dem Auto irgendwo im Dorf, brüllt er über die ganze Straße ein lautes, aber herzliches „Hello“, so dass sich alle nach ihm und mir umsehen. Wenn er mich mal wieder gesehen hat, erzählt er den Leuten „Andrea ist da!“ Manchmal drückt er sich in Sichtweite herum und beobachtet mich, wenn ich draußen im Garten bin.
So auch vor einigen Tagen. Ich sah ihn, dann beobachtete ich Pateh und Ali, die gerade auch draußen waren, wie sie Sanaa beobachteten. Weil ich zu Saana sehr unterschiedliche Einschätzungen gehört hatte, stellte ich mich erstmal dumm und fragte ich die beiden, was mit dem, also Saana los sei. Da versuchten sie mir das irgendwie zu erklären: Nunja, der ist anders, als andere. – okay, ich kenne Saana ein bisschen. Aber warum beobachtet ihr ihn. – Na, weil er da schon eine ganze Weile steht. – Ja und? – Pateh: der ist anders. Der ist als ganz normales Kind geboren, aber gleich nach der Geburt kam ein Dschin und hat ihn ausgetauscht gegen dieses andere Wesen. Er ist okay. Aber anders. Er tut nichts.
Der Dschin also. Na gut. Kann ja mal passieren.

Heute traf ich Jawla am Strand. Ich kam von einem langen Strandspaziergang zurück und er fing mich an der Rezeption ab. Und er verwickelte mich in ein Gespräch. Es war heute bewölkt, bestes Wetter für einen Strandspaziergang. Ja, meint Jawla, es wird jetzt wohl bald der Regen beginnen. Und dann erklärte er mir, das man das an ein paar bestimmten Bäumen erkennen könne. Das hätte er schon von seinem Vater und seinem Großvater gelernt. Wenn die Früchte vom Metrobaum sich braun färben, dauert es noch zwei, drei Wochen, dann beginnt es zu regnen. Die Früchte wären jetzt braun. Auch beim Baobab wär das so. Der wirft irgendwann die Blätter ab, um Energie zu sparen. Aber dann kommen neue Blätter. Und wenn die eine Größe erreicht hätten, das sich Tauben hinter ihnen verstecken können, dann wär es soweit und der Regen würde ziemlich bald kommen. Da kam mir mein kleiner Baobab in Erinnerung, der bei mir in Arpke im Wohnzimmer steht. Der hat nämlich genau zu einer komischen Zeit, nämlich schon im April um meinen Geburtstag herum, die ersten neue Blätter bekommen. Und nach meiner Ankunft hier habe ich beobachtet, das die Baobabs hier auch gerade neues Laub bekommen. Und ich erzählte Jawla von meinem kleinen Baobab, und das ich mich wunderte, das er gerade Blätter bekommen hätte, obwohl bei uns die Bäume erst im Mai so richtig loslegen. Und das das irgendwie tief in den Bäumen verankert zu sein scheint. Jawlas Antwort darauf war ernüchternd einfach. Das liegt an den Dschins. Die leben in den Bäumen und sagen ihnen, wann’s los geht. – Alter! Ich habe nicht nur einen Baobab, sondern auch gleich noch einen Dschin in der Wohnung!

Was ein Dschin ist? Am besten den Baobab fragen?

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