Der erste Tag

Von Andrea

Der erste Tag in Gambia war wie schon so viele erste Tage in Gambia ereignisreich, um es mal vorsichtig auszudrücken. Vielleicht sollte ich den ersten Tag in Gambia einfach überspringen und gleich mit dem zweiten Tag in Gambia beginnen. Aber dann hätte ich nicht so viel zu erzählen…

Die erste Nacht war wie all die anderen ersten Nächte nicht so doll. Es gibt hier sehr viele nächtlich Geräusche. Irgendwelche nachtaktiven Vögel sind zu hören und all überall das helle, glockenähnliche Rufen der Flughunde, die hier allüberall kopfüber in den Bäumen hängen. Und dann geht es so gegen 4.30 Uhr, 5.00 Uhr mit den Gebeten los. Über teilweise sehr schlechte Lautsprecheranlagen wird man von verschiedenen Seiten mit Gebeten beschallt, von denen ich kein Wort verstehe. Und jedes Mal frage ich mich, warum das nötig ist? Warum dürfen Moslems nicht bis sieben Uhr schlafen?

Also um acht Uhr wieder aufgestanden und Edou mit der leeren Gasflasche in den Bazar geschickt. Irgendwie ist die jedes Mal leer, wenn ich hier ankomme. Weiß auch nich, was da los ist….Dann Kaffee gekocht, Keks gegessen und dann mal das Auto in Gang bringen. Ach ja, das Auto. Und ich sagte zu Hause noch zu Kurt: hoffentlich fährt es noch. Und Kurt so: natürlich fährt es noch. Ist doch einfach nur ein Auto. Da setzt man sich rein und es fährt. – Von wegen, mein lieber Schatz…

Wir klemmen nach unserem Aufenthalt hier immer die Batterie ab, damit nicht irgendwelche schleichenden Ströme sie leeren. Die wollte ich nun wieder anschließen. Aber schon beim Aufschließen der Fahrertür zeigten sich erste Schwierigkeiten. Das Türschloss war wohl korrodiert und ließ sich nur mühsam mit dem Schlüssel drehen. Nachdem das dann gelungen war und ich diesen Bautenzug zum Öffnen der Kühlerhaube ziehen wollte: das nächste Problem. Ich bekam das dumme Ding nicht gezogen! Also musste Edou her. Der hat das dann erfreulicherweise geschafft. Allein, die Kühlerhaube öffnete sich nicht. Alles Drücken und Ziehen brachte uns nicht weiter. Also aus dem Store mangels Kuhfuß ein ähnlich robustes Eisenteil geholt und mit etwas Gewaltanwendung nachgeholfen. Und tatsächlich führte dieser eher grobmotorische Eingriff zum Ziel. Die Kühlerhaube öffnete sich ein wenig und mit etwas Gewalt ließ sich dann der Schnapper ziehen und die Kühlerhaube war offen. Und dann muss ich ganz schön blöd aus der Wäsche geschaut haben! Da war keine Batterie im Auto. Die Anschlüsse hingen da ganz unglücklich in der Gegend herum, ein Stück Holz lag da, wo eigentlich die Batterie sein sollte. Aber ich war mir sicher, dass wir eine Autobatterie hatten! Die hatten wir im Frühjahr doch erst gekauft, weil die alte ihren Dienst quittiert hatte! Was für ein Wunder! Ähnlich wie die unbefleckte Geburt von unserem Dandy. Seine Mutter war auch nie auf der Nachbarweide bei unserem Hengst Don. Und die Türen des Autos waren auch alle verschlossen! Jetzt musste ich mich erstmal setzen. Die Bosslady musste sich sammeln.

Tja nu, wenn ich zum indischen Supermarkt fahren und einkaufen wollte, und zwar bequem, zu meinen Konditionen, brauchte dieses Auto jetzt eine Batterie. Also Momodou anrufen und fragen, ob er mir eine Batterie besorgen kann. Der kam sofort vorbei und auch ihm stand angesichts des Wunders von Sanyang der Mund vor Erstaunen und Andacht offen. Nundenn, Batterie gekauft (also beim gambischen OBI hier gibt es wirklich alles. Und der Chef von dem Laden begrüßt mich mittlerweile auch nicht mehr nur mit einem freundlichen wellcome back, er spricht ganze Sätze mit mir und scherzt sogar mit mir!), Batterie eingebaut, Motor gestartet und das Auto läuft. Genau, wie Kurt gesagt hat.

Jetzt aber schnell zum Turntable und Lebensmittel, Obst und Gemüse einkaufen. Und dann direkt weiter zum Strand und bei Jawla lecker Fisch essen. Die letzte richtige Mahlzeit war 24 Stunden her. Das merkte auch mein Magen. Klappte alles prima und dann, auf der elendig schlechten Sandpiste zum Strand passierte es. Vor einem größeren und auch tieferen Loch im Weg musste ich sehr plötzlich sehr stark bremsen. Das klappte auch, aber mitten im treten aufs Bremspedal gab es ein sachtes Klick, und dann gar keinen Widerstand mehr. Zum Glück, und wirklich zum Glück erst auf dieser wenig befahrenen Piste war die eine Bremsleitung gebrochen. Von jetzt auf gleich. Keine Bremse. Also mal die Wirkung der Handbremse testen. Die wollte erst nicht so richtig. Wohl auch festgerostet. Aber nach einigem ziehen und los lassen funktionierte sie, aber die Bremswirkung war jetzt nicht so überzeugend. Also bin ich erstmal gaaaanz langsam im zweiten Gang zum Rainbow gefahren und habe meinem Magen mit einem leckeren Fishkebap eine Freude bereitet.

Pathe, der dort kellnert und den ich seit meinem allerersten Tag vor zehn Jahren hier in Gambia kenne und der nicht als Optimist in dieses Leben geboren wurde, ausgerechnet Pateh machte mir Mut, es sei bestimmt nichts Großes an dem Auto und ich solle gaaaanz langsam die Pist zurück fahren, über die Hauptstraße rüber und da sei eine Werkstatt und da könne man mir ganz bestimmt helfen. Als er mein Zögern bemerkte, redete er auf mich ein und machte mir weiter Mut. Das schaffst du schon! Also bin ich nach dem Essen direkt wieder weg und gaaaanz langsam die Piste zurück, ganz vorsichtig über die Hauptstraße und zur Werkstatt. Tatsächlich. Der Chef vom Ganzen nahm sich meiner Sache, oder besser meines Autos an und fragte mich nach einem wheelpuler. Hab ich nich! Und ein Jack? Auch nich. Okay, dann nehme ich meinen. Lockerte die Schrauben des linken Vorderrads mitseinem wheelpuler, bockte das Auto auf mit seinem Jack und fing an, die Bremsleitung auszubauen. Ich solle mal zwei Flaschen Lickit kaufen. Waaaas? Ein freundlicher junger Taxifahrer, der sein Auto auch gerade reparieren ließ nahm mich mit zum Laden und orderte zwei Flasche Lickit. Ahaaaa, Lickit, Bremsflüssigkeit! Nach nur zwei, drei Stunden erfolgte eine Bremsprobe vom Chef, dann entließ er mich für 600 Dalasi und dem Austausch von Handynummern und ich konnte nach Hause fahren. Yeah! Geht doch. Und nun eine schöne Dusche und diesen ganzen Schweiß und Staub in den Abfuß befördern. Allein, es gab kein Wasser. Ach Mensch, es könnte alles so einfach sein. Ins Auto setzen und losfahren. Ist doch nur ein Auto. Ach mein lieber Kurt, wie ich Dich jetzt schon vermisse!

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