Irgendwie passiert immer irgendwas

Von Andrea

Es gibt hier Tage, die plätschern einfach so vor sich hin. Die plätschern so, dass es einem schon fast unheimlich ist. Und dann wieder: Volltreffer!

So z.B. vorgestern. Da – ach nee. Fang ich mal mit den Engländern an. Hier verbringen einige Engländer das Winterhalbjahr. Also die, die in Rente sind, oder es sich sonst irgendwie ermöglichen können. Ich möchte dazu sagen, dass wir eigentlich keinen Kontakt zu irgendwelchen europäischen Communities haben. Aber den einen oder die andere kennt man natürlich vom Sehen, man grüßt sich höflich, das war’s. Nun gab es einen Trauerfall in dieser englischen Community. Familienmitglieder und Freunde waren offensichtlich aus UK angereist, um der Bestattung beizuwohnen. Und die war sehr besonders. Kurt und ich saßen am Freitagabend am Strand zum Dinner, am Nachbartisch eine größere Gruppe Engländer. Es ging laut und herzlich zu bei denen am Tische. Und dann gingen zwei von denen an den Strand, dort wo bei Flut das Wasser noch hinkommt, und zogen eine Rinne in den Sand. Alsbald folgten die anderen vom Tisch an die Wasserlinie. Und dann kam Jawla angehastet: A Funeral! I haven‘t experienced something like this before, sagte er sichtlich bewegt und nervös. Wir sprachen mit ihm, dass das auch für uns eine eher ungewöhnliche Seebestattung sei und wie das bei uns in Deutschland vonstatten geht.

Jedenfalls versammelten sich die angereisten Familienangehörigen und Freunde aus UK, als auch gambische am Strand. Die Asche wurde am Strand ausgeschüttet, es gab eine kurze Ansprache, man tröstete sich gegenseitig und dann löste sich die Gruppe wieder auf, d.h., die Afrikaner gingen ihrer Wege und die Familie kehrte wieder an ihren Tisch zurück und es ging dort fröhlich weiter.
Ich muss sagen, da ward für mich eine Idee geboren. Natürlich haben Kurt und ich uns noch eine ganze Weile über diese Art der Beisetzung unterhalten und es hat sich herausgestellt, das Kurt ob seiner eigenen Beisetzung weit weniger anspruchsvoll ist, als ich immer dachte. Für mich ist klar geworden, ich möchte genau so ins Nirwana übergehen. Am Paradies Beach von Sanyang als Asche vom Meer davon getragen werden. Bei Reggae Musik im Hintergrund. Allein, wer will meine Asche nach Gambia bringen und im Meer verstreuen? Das kann ein Problem werden. Aber das soll dann nicht mehr meines sein. Der letzte Wunsch muss erfüllt werden. Finde ich.

Gomez 52

Von Andrea

Warum Gomez 52 Gomez52 genannt wird, hat uns bisher niemand erklären können, aber abgesehen davon, das Gomez lieber Gomez 2 gerufen wird, ist mir das auch egal. Gomez jedenfalls ist Maler, kommt aus Guinea, hat längere Zeit im Senegal gelebt und spricht deshalb französisch. Der hat gestern unsere Fensterläden erst mit Rostegal, dass wir mit dem Container hierher geschickt hatten, und dann mit sky Blue gestrichen. Das sieht jetzt wieder richtig gut aus. Wenn ich nächstes Jahr wieder komme, soll er das Haus von außen streichen. Dann sieht alles wieder schöner aus.

Kurt und ich sind heute bei der Suche nach irdenen Blumentöpfen bei einem Töpfer in seinem Compound und seiner Töpferei in Brikama gelandet. Das war sehr spannend, seine selbstgemauerten Brennöfen zu sehen. Ich werde da noch einmal mit meiner Kamera hinfahren, und Fotos machen. Ich war sehr beeindruckt, und natürlich haben wir ein paar Blumentöpfe gekauft. Danach ging es wieder an den Strand. Wir wollen die letzten Tage hier genießen!

Gestern hatten wir Besuch

Von Andrea

Sus Imhof und Christian Bollwein waren gestern bei uns zu Besuch. Sie hatten hier in Gambia einen ganz besonderen Urlaub gebucht. Als sehr aktive Ruderer hatten sie einen Ruderurlaub in Gambia gebucht, der von einer deutschen Frau aus Berlin angeboten und organisiert wird. Nunmehr ihr Urlaub dem Ende zu und einen ihrer letzten freien Tage haben sie genutzt, sich mit uns zu treffen. Ich holte die beiden am Busbahnhof ab und dann gab es bei uns erstmal eine Tasse Kaffee, den ich immer gerne aus Deutschland mitbringe, weil es hier nur Nestle gibt. Nachdem wir ihnen Haus und Hof gezeigt hatten, fuhren wir an den Strand zum Spazierengehen und Abendessen. Danach brachten wir sie wieder in ihr Hotel zurück, dass doch etwas weiter von uns entfernt liegt, als ich dachte. Aber wir hatten einen sehr schönen Tag miteinander und haben uns sehr über ihren Besuch gefreut!

Es ist egal….

Von Andrea

….ob man in Deutschland oder in Gambia oder sonst wo auf der Welt schwer bestohlen wird, man grübelt und fragt sich: warum?

Wir hatten jetzt eine Woche ganz für uns, haben morgens Dinge am Haus oder auf dem Grundstück erledigt, verändert, entwickelt und sind nachmittags an den Strand zum Faullenzen. Das war total schön.

Mit unseren beiden neuen Nachtwächtern fühlt es sich auch gut an. Pathe hat Kurt gefragt, ob es o.k. sei, wenn er sich einen Fernseher kaufen würde? Dafür benötigt er natürlich eine Satelitenschüssel, die hier irgendwo aufgebaut werden muss. Aber dass sollte nun wirklich nicht das Problem sein.

Zur Zeit ist Hochsaison und nach zwei Jahren Pandemie läuft das Touristengeschäft jetzt gut an, und die beiden reißen echt Stunden ab. Aber irgendwann ist die Hochsaison vorbei und es wird für die beiden ruhiger. Da mag ein TV gut für Unterhaltung sorgen. Der Unterschied zu all ihren Vorgängern ist, dass sie nicht fragen: kannst Du mir….aus Deutschland mitbringen, sondern: dürfen wir hier das und das verändern? Das ist für uns ein neues und ungewohntes Verhalten. Es fühlt sich gut an, so.

 

 

dann auch

Pathe und Ali

Von Andrea

Pathe und Ali sind nun unsere neuen watchmen. Pathe kenne ich seit über zehn Jahren. Ich hatte ihn am Anfang schon gefragt, ob er nicht hier wohnen und den watchman machen will. Damals wollte er nicht. Jetzt wollte er endlich und bringt auch noch seinen Arbeitskollegen Ali mit.

Ali arbeitet auch schon seit einigen Jahren bei Jawla und entsprechend lange kenne ich auch ihn, allerdings hatten wir nie ein richtiges Gespräch miteinander. Aber er war mir immer sympathisch. Und ich fand und finde ihn immer schon lustig! Diese Kombination finde ich entsprechend sehr gut.

Die beiden wollen sich ihre Einzimmerwohnung schön machen und fragten heute, ob sie sie streichen dürften?! Natürlich dürft ihr! Es müsste im Store auch noch Farbe sein. Die dürft ihr gerne nehmen. Und gehört die leere Gasflasche Edu oder Dir? – Die gehört mir. – Ich würde die gern auffüllen lassen, wenn das mit Dir in Ordnung geht? – Naklar, Pathe. Nur zu!

Sie scheinen sich im Vorfeld abgesprochen zu haben: einer ist fürs Fegen zuständig, der andere fürs Bewässern.

Pathe und Ali sind anders. Sie sind selbständig, aber auch zurückhaltend und höflich, freundlich. Heute Morgen hatten sie ja nun Gas in der Flasche, und als ich aus dem Haus kam, saß die beiden da und schlürften ihren Ataya, ihren Tee. Ganz still und vertraut. Ich hoffe, dass sie so gute Freunde bleiben!

Es gibt dann schon….

Von Andrea

….Situationen, die schwierig sind und dann sag ich mir: Probleme sind da, um gelöst zu werden. Atme tief durch, hole die schönen Dinge und Erlebnisse in Erinnerung, und dann weiß ich, dass ich nichts anderes will, als hier in unserem schönen Haus in Sanyang zu sein.

Die Geschichte mit Edu ist sehr schwerwiegend. Da hat nicht mal jemand ein paar Tallos oder einen Aussenfühler vom Innen-Aussenthermometer geklaut. Wir haben jemanden beschäftigt, der uns über Monate und aufs übelste belogen und betrogen hat. Nein, wir können ihm nichts nachweisen. Aber wir haben auch nicht viele Ideen, wer sonst die Sachen aus den Kisten im Store geklaut hat.

Wir haben ihn nicht zur Polizei gebracht. Nach langer Diskussion mit Louis haben wir gemeinsam mit Louis einen Vertrag aufgesetzt, wonach Edu bis Ende April das Geld, was die Dinge wert waren, die uns jetzt fehlen, zurück zahlen muss. Wenn das nicht geschieht, dann, ja dann gehen wir zur Polizei und zeigen Edu an. Dann wird er in den Knast wandern, ohne großes Gerichtsverfahren. So weit ist man hier wohl noch nicht, und die Beweislast ist einigermaßen erdrückend.

Warum wir nicht direkt zur Polizei gegangen sind? Die Polizei wird nicht in der Lage sein dafür zu sorgen, dass wir die gestohlenen Dinge ersetzt bekommen. Louis, der uns Edu vermittelt hatte, hat einen recht guten Ruf zu verlieren. Er bat mich inständig darum, nicht zur Polizei zu gehen. Wir würden entschädigt werden. Da war er sich ganz sicher.  Und wenn das bis Ende April nicht klappt, tja, dann…

Mittwoch Kurts Ankunft mit dem Drohnenspektakel und Donnerstag Morgen ging es gleich mit Diebstahl und ewig langer Diskussion weiter. Ein Urlaub sollte anders beginnen.

Jetzt haben wir uns wieder einigermaßen gefangen. Was bleibt und sich tief eingebohrt hat ist das Misstrauen und die Vorsicht.

 

Der Griff der Kaffeekanne ist locker

Von Andrea

….fand Kurt am Morgen seiner Ankunft. Den schraub ich mal eben fest! Ging in den Store um aus seinem blauen Werkzeugkoffer einen Schraubendreher zu holen, um dann einigermaßen konfus zurückzukehren. Der Werkzeugkoffer ist weg. Nicht, das ich darauf vorbereitet war, aber ich fragte Kurt: „Fehlt sonst noch was?“ „Muss ich mal gucken.“ Und tatsächlich, es fehlte noch der Hilti Bohrhammer einschl. Aufladegerät und Akkus, der seit Jahren hier ist und den wir schon oft benutzt hatten und der immer mal wieder zum Einsatz kam, wenn nicht bei uns, dann bei Freunden.
Nun musste ich Louis, der hier gerade ein paar Restarbeiten erledigte, und der uns unseren watchman Edu vermittelt hatte bitten, Edu anzurufen, damit der hier sofort, und zwar now now, hierher kommt.
Alles, alles, was nun kommt, war zutiefst unerfreulich, aber unumkehrbar. Dass Edu hier und heute seinen letzten Tag haben würde, war entschieden, geklärte, erklärt und akzeptiert. Aber nun taten sich, tja, Abgründe? auf?

Es dauerte gar nicht so lange, da war Edu hier. Wir konfrontierten Edu und seinen Gönner Louis mit den Tatsachen, dass aus unserem Store wesentliche Dinge fehlen. Und Edu ist der einzige, der einen Schlüssel zum Store hat. Man kann sich vorstellen, dass das alles eine fürchterliche Situation war.
Die Autobatterie und das Autoradio gestohlen, sämtliche Aussenlampen, die wir im Frühjahr erst eingebaut hatten, alles weg. Und nun auch noch das! Louis fehlten die Worte. Er fühlt sich so verantwortlich, weil er Edu vermittelt hatte. Ich erklärte, dass Louis Verantwortung für sich trage. Ebenso Edu als erwachsener Mann Verantwortung für sich trage. Und wir das nicht vermischen würden.
Konfrontiert mit all den Tatsachen der verlorenen Dinge regte Edu sich nicht. Er blieb erschreckend ruhig, sagte, er wüsste von nichts.
Aber selbst Louis als umsichtiger und alterserfahrener Mann konnte sich die Ereignisse nicht erklären. Er verurteilte Edu nicht, wie wir es tun, weil wir ihn als den
jenigen sehen, der die absolute Schlüsselgewalt hatte. Er war von Louis als Vertrauensperson geschickt, und so nahmen wir ihn wahr. Nein, Edu saß da, und versuchte, andere zu verdächtigen.
Es war eine unwürdige Szenerie. Am Ende musste Edu ohne Gruß seine paar Sachen nehmen und gehen.
Dieser Tag war der schwärzeste, seit ich nach Gambia reise. 

 

Frag mal die Frau mit dem roten Auto

Von Andrea

…bekam Kurt zu hören, nachdem er den Junior vom hiesigen „Obi“ gefragt hatte, ob es in Sanyang Bier in Bierkisten gäbe. Ich befand mich derweil im anderen Ende des Ladens und scherzte mit dem Senior, als der Junior zu mir kam und sagte, der Bart sei schon an meinem Auto. Howhowhow, hier gehören ein paar Dinge klargestellt:

– die Frau mit dem roten Auto weiß ganz und gar nicht, wo es hier Bier in Kisten gibt

– die Frau mit dem roten Auto ist die Ehefrau

– der Bart ist Kurt, der Ehemann von der Ehefrau!

Das hatte ich ganz vergessen….

Von Andrea

Als wir Mittwoch Abend endlich gehen und das Büro mit Drohne verlassen konnten, wollten wir durch die Tür hinausgehen, durch die ich in die heiligen Hallen eingetreten war. Der Officer nickte nur, wir sollen gehen. Das bekam diese Furie von officerin mit und schnauzte, jawohl, sie schnauzte uns in einer derart aggressiven Weise an, hier hätten wir nicht rauszugehen! Wir hätten den anderen Ausgang zu benutzen, den alle Fluggäste benutzen. – Es ist nur eine offen stehende Tür. Durch Türen kann man von zwei Seiten gehen. Einfach durchgehen.

Nachtrag Rassismus

Von Andrea

Wir sprechen und ereifern uns über Rassismus. Zu recht. Rassismus ist abscheulich, unwürdig, ungerecht, verächtlich. Es kommt nicht oft, aber immer mal wieder vor, das wir, also Kurt, ich oder wir beide gemeinsam in einer Art und Weise angegangen werden, die sehr klar auf Rassismus zurück zu führen ist. Wir gehen irgendwie damit um, aber es ist schmerzhaft. Gerade Kurt und ich: in unserem Leben gibt es keinen Rassismus, keine Gewalt, keine Ausgrenzung. Wir sehen uns als Menschen, die , egal welcher Religion, Sexualität, etc. gegenüber offen sind. Wir möchten nicht als rassistische Gegner irgendeines politischen Systems betrachtet werden. Wir sind freie Menschen dank unserer Demokratie und wir wollen nichts anderes als diese Freiheit!