Abenteuerfilm 2. Teil

Schwups, die zwei Kanister in mein Auto, die geliebte Vanette, gekippt und schon war alles vorbei. Außer:

Wären wir nicht mit Freunden unterwegs gewesen, wäre das ganze Spektakel kaum zu ertragen gewesen. Aber so hatten wir uns, und irgendwie hat uns das ganze auch Spass gemacht. Jedenfalls hätte einer alleine das Ganze nicht so gut ausgehalten.

Fazit: Freunde sind sooooo wichtig!

Des Dramas zweiter Akt

Wir kommen nach Brikama. Die Stadt, die außerhalb Amerikas Never sleeps….Aber selbsts in Brikama herrscht eine relative Nachtruhe. Normalerweise. Heute wurden die Präsidentschaftskandidaten nominiert. Anfang Dezember sind hier Wahlen. Wir rasselten auf übelstem Geläuf (die Straßen sind in dieser umtriebigen Stadt in einem extrem schlechten Zustand. Das liegt daran, so Demba, weil die Brikamaer in der Opositon zum Präsidenten sind. Deshalb werden ihre Belange ignoriert) in eine Demo vollkommen durchgeknalllter junger Leute. Als Entwicklungshelfer hatten wir damals gelernt, uns aus solchen Geschichten heraus zu halten. Aber wir hatten in diesem Moment gar keine Wahl. Also wurde die arme Vanette gehauen und geschlagen! Und ich war heil froh, als wir da durch waren. Demba schnauzte derweil die jungen Leute durch das offene Fenster an. Natürlich in ihrer Sprache. Ich verstand mal wieder kein Wort…

Kaum hatten wir die Demo passiert, es war immerhin mittlerweile gegen elf Uhr abends, stand der Verkehr vollkommen still. Auf der Fahrspur standen drei Autos und Buschtaxis, und wir wunderten uns, ob die denn alle vollkommen bekloppt sind? Denn die entgegenkommende Spur war auch mit Autos aus unserer Richtung kommen blockiert. Ich muss sagen, mir wurde die Situation doch ganz schön unheimlich…aber dann ging es weiter, vorbei an den links stehenden Fahrzeugen. Und dann passierten wir eine Tanke, und da wurde uns klar, was los war: dort gab es Diesel!!! Hunderte Meter Straße und natürlich die ganze Tanke waren blockiert von Taxis und Buschtaxis die nur ein Ziel hatten: Diesel kriegen!

An der Tankstelle vorbei fahrend machte Demba mich auf das Gebrüll auf der Tanke aufmerksam. Auch hier herrschte Anarchismus!

Des Dramas erster Akt

So saßen wir also in der Vanette, Demba und ich, und warteten. Mittlerweile schon dreieinhalb Stunden. Da kam ein Anruf von Mamadou: es ist voll hier, aber mein Auto ist getankt. Jetzt müssen wir nur noch darauf warten, dass auch unsere 10 Kanister an die Reihe kommen. Aber das dauert noch ein bisschen.

Dembas Handy scheint einen unendlich große Speicher zu habe. Er schaute sich meinen Facebookauftritt an, der aber nicht wirklich viel hergibt. Ich zeigte ihm Fotos von meinen kleinen Demba zu Hause. Das fand er lustig…

Dann Mamadou: hier geht es ganz schön zur Sache. Ein paar Leute streiten sich, es sieht nicht gut aus. Man würde die Polizei rufen.

Die Polizei ist jetzt da und regelt alles. Es wird noch etwas dauern…

Mamadou: es wird noch etwas dauern. Alles läuft wieder

Mamadou: wir wissen nicht, ob wir noch Diesel bekommen. Fahrt ihr schon mal nach Sanyang zurück, wir kommen dann nach. Ich habe hier gehört, dass in Sanyang eine Tanke Diesel verkauft. Checkt das mal!

Demba und ich fahren zurück nach Sanyang. Wir müssen durch Brikama.

Das Lustspiel

Die beiden Motorradfahrer machten sich mit einem unglaublichen Bündel Geld über die Grenze nach Senegal. Meine drei Taxifahrer und ich setzten uns in den Schatten eines Baumes auf eine Bank.

Meine drei Taxifahrer. Mamadou vorn, Demba hinten.

Sie sagten mir, wir müssten nun zwei Stunden warten. Mamadou grinste. Er ahnte wohl, dass das für mich als Europäerin ungewöhnlich sei. Das war es. Wenn wir zwei Stunden warten müssen, gehen wir Kaffee trinken, shoppen, oder fahren erstmal wieder nach Hause. Nicht so hier.

Um 17 Uhr rief der Muhezin zum Gebet und die drei entschwanden für ein paar Minuten des Gebetes. Dann kamen sie wieder, quatschten in ihrer Sprache noch mal die ganze Verhandlung durch und hatten jede Menge Spass! Die Stimmung war fröhlich und ausgelassen.

Ich beobachte derweil Ziegen, Hunde und Hähne. Und die Menschen. An so einem Grenzübergang gibt es ja immer sehr viel zu beobachten…es wurde nicht langweilig.

Meine rote Vanette im Hintergrund und ein Pickup mit jede Menge lehrer Kanister im Vordergrund

Aber dann, nach anderthalb Stunden, wurden die drei Taxifahrer unruhig und fragten entgegen kommenden Taxifahrer, wie es denn drüben auf der Tankstelle so aussehe. Die Informationen waren wohl so geartet, dass Mamadou und sein Kumpel beschlossen, mit ihrem Taxi die Grenze nun doch zu überqueren und die Tankstelle aufzusuchen. Nach einiger Zeit kam die Rückmeldung: ganz schön voll hier. Aber gut organisiert. Die Autos werden an der einen Zapfsäule abgefertigt, die Kanister an der anderen. Alles ginge gesittet und ordentlich zu, Namen würden aufgerufen…Mann müsse aber noch etwas warten.

Gegen 19 Uhr brach die Dunkelheit herein und Demba meinte zu mir, wir sollten uns mal auf die andere Straßenseite setzen, es würde dunkel. Die Logik erschloss sich mir erst, als wir auf der anderen Straßenseite saßen, und Lampen angingen. Irgendwann wurde es aber ungemütlich auf der Bank, weil die eigentlich die Wartebank für Buschtaxis war. Deshalb beschlossen wir, uns in mein Auto zu setzen.

Der Abenteuerfilm

Gemeinsam fuhren wir an die Senegalesische Grenze. Dort erfuhren wir, dass es problematisch sei, mit den Autos zum Tanken zu fahren. Es wäre günstiger, einen Motorradfahrer tanken fahren zu lassen. Wir hatten insgesamt 10 mal 20 Liter Kanister dabei. Also brauchten wir zwei Motorradfahrer. Nun wurde erstmal eine Dreiviertel Stunde verhandelt. Zunächst mal der Preis überhaupt, dann der Wechselkurs von Gambischen Dalasi in Senegalesische Franc CFA und dann der Preis pro Kanister. Gestern war ich in Senegal und habe 465 Wechselkurs bezahlt, und heute willst Du 470 haben? Halsabschneider! So, oder so ähnlich lautete Dembas Reaktion. Da das ganze aber in ihrer Sprache stattfand, habe ich einfach nur brav zugehört und den Mund gehalten. Ich war nur Fahrerin. Schließlich rechnete man mir für die 40 Liter Diesel für mich einen Preis von 2.920 Dalasi aus. Keinen Cent mehr! Ich bekam brav auf den letzten Dalasi das Wechselgeld zurück. Naja, und dann noch 200 Dalasi pro Kanister. Waren für mich also noch mal 400 Dalasi. Da war nichts zu machen. Der Preis stand.

Kein Diesel in Gambia

Hätte mich jemand anderes als Mamadou, dem Taxifahrer meines Vertrauens vom Flughafen nach Hause gebracht und mir erzählt, dass es in Gambia keinen Diesel gibt, hätte ich mir einfach meinen Teil gedacht. Aber von Mamadou gesagt, hatte es eine andere Schwere. Der ganze öffentliche Verkehr in Gambia funktioniert mit Taxis und Buschtaxis. Aller fahren mit Diesel. Wenn es keinen Diesel mehr gibt, bricht die gesamte Wirtschaft zusammen.

Der Diesel kommt aus Nigeria. Warum es keinen Nachschub gibt, konnte mir kein ernst zu nehmender Mensch erklären. Keiner hatte eine Antwort darauf.

Aber Mamadou sagte, er würde jetzt in der Casamence, also im Süd-Senegal, tanken fahren. Das sei nur eine Stunde von hier. Ja, dachte ich, eine Stunde hin, eine zurück. Aber wie auch immer, ich bat Mamadou mich mit zu nehmen, wenn er wieder nach Senegal zum tanken fährt, denn ich brauchte auch Diesel. Der Tank von der Vanette war nur noch viertelvoll. Er sagte, er würde mich anrufen.

Gestern Vormittag rief er mich dann an. Um 15 Uhr ginge es los, er würde mich abholen.

Und nun folgt ein Drama in mehreren Akten. D.h. eigentlich fing es eher wie ein Abenteuerfilm an. Mamadou kam mit seinem Kumpel in seinem Taxi vorgefahren. Wie immer pünktlich wie die Feuerwehr. Ich folgte ihm mit der Vanette. Unterwegs nahmen wir noch einen weiteren Kumpel auf, Demba, der bei mir im Auto mitfuhr.

Der erste Tag

Gestern Morgen hatte ich ein langes Gespräch mit Louis, unserem watchman. Wir haben alles bekakelt, was passiert ist, wo die Problemchen liegen und dass er einen Nachfolger für sich gefunden hat, ein junger Mann aus seiner Adventistengemeinde. Alles läuft. Ohne besondere Ereignisse…was gibt es da wohl noch besonderes zu erzählen? Es überkam mich der Gedanke, dass es langweilig werden könnte, hier in Gambia. Dabei habe ich doch immer so viel Freude daran, von den Absurditäten, die dieses Projekt „Ich habe ein Haus in Gambia“ mit sich bringt, zu berichten. – Da wusste ich aber noch nicht, was der Tag noch bringen sollte….

Hinflug

Hannover

Es sah chaotischer aus, als es war. Auf dem Flughafen Hannover. Blöd ist, das man aufgefordert wird, frühzeitig zum Flughafen zu kommen, und dann erst auf die Minute genau zwei Stunden vor Abflug der Schalter öffnet. Aber dann ging es trotz sehr langer Schlange vor den Sicherheitskontrollen doch flott, gut organisiert und auch ruhig voran. Nach einer Stunde saß ich sehr entspannt beim Kaffee.

Und jetzt, in Frankfurt, werden gerade lange vorm boarden die ganzen Reiseunterlagen geprüft, zu denen bei der Einreise nach Belgien seit Corona ein Passagier Kontrollformular gehört, dessen Ausfüllen mich die letzten zwei Tage einiges an Nerven gekostet hat. Da wurde z.B. die genaue Adresse im Zielland gefordert. Mit Straßennamen, Hausnummer und Postleitzahl. Da muss man erstmal drauf kommen, solche Informationen von Afrikareisenden zu fordern. Nun, ich hab mir einfach einen schönen Straßennamen ausgedacht, eine hübsche Hausnummer und eine sehr ansprechende Postleitzahl! Da war das Onlineformular zufrieden und spuckte mir endlich den heiss ersehnten QR Code aus?

In Brüssel angekommen war es erfreulicherweise nicht weit zum Anschlussflug nach Dakar. Auch hier extrem genaue Kontrollen der Impfausweise, Pass und Boardingcard. Recht pünktlicher Abflug. Nun geht es erstmal nach Dakar zum Zwischenstopp, und dann weiter nach Banjul.

Flug über die Sahara. Blitzblanker Blick auf die schönste Sandkiste der Welt!

Ankunft in Banjul pünktlich! Alles ging heute sehr pünktlich und somit gab es genug Zeit, bzw. vollkommen stressfreies Umsteigen auf den Flughäfen. Auch Mamadou, der Taxifahrer meines Vertrauens wartete schon auf mich am Airport Banjul. Dort habe ich schnell noch etwas Geld gewechselt und Telefon- und Internetkarten gekauft („oh, wellcome back. Haven‘t seen you since a while! How is Germany?“, ja, man kennt mich hier!) und dann ging es ab nach Zuhause Nr. 2. Louise erwartete mich, Mamadou brachte noch schnell die Vanette zum Laufen, und dann gönnte ich mir erstmal ein schönes kaltes Bier!??‍??. Bett fertig gemacht und Gute Nacht.

The smiling coast of Africa – Sanyangs Pause ist zu Ende

Von Andrea

29 junge Leute zwischen 15 und 25 Jahren aus Sanyang sitzen in Banjul nun schon seit Wochen im Knast. Mittlerweile gibt es Gespräche. Es wird verhandelt. Jawla als Hotelbesitzer und Nachbar der stinkenden Fischfabrik, der sich seit langem schon gegen die Fabrik einsetzt, ist dabei, andere wichtige Personen des öffentlichen Lebens, der Alcalo, Bürgermeister, von Sanyang, außerdem mehrere Anwälte, die man hinzugezogen hat, und die Polizei. Sie alle verhandeln nun, was mit den 29 jungen Leuten geschehen soll. Die Dörfler aus Sanyang haben sich wohl mehrheitlich auf die Seite der jungen Leute geschlagen. Es geht zur Sache. Es geht darum, die Ursache für das Austicken der Jugend ausfindig zu machen.

Jawla erklärt das so: seit Jahren ist die Fischfabrik den Menschen in Sanyang ein Dorn im Auge. Sie stinkt und verscheucht damit die Touristen. Aus Sanyang will niemand für die Fischfabrik arbeiten. Das ist so eine Ehrensache. Deshalb kommen Leute aus den Nachbarländern, um dort zu arbeiten. Weil die gambischen Fischer sich weigern, ihren Fisch an die Fischfabrik zu verkaufen, tun dies die senegalesischen Fischer, die auch schon immer hier gefischt haben.

Der Preis des Bonga Fisches, der von der einheimischen Bevölkerung vor allem konsumiert wird, weil er bezahlbar ist, hat sich vervielfacht.

China, das die Fischfabrik gebaut hat, verarbeitet den Fisch zu Fischöl und Fischmehl. Diese Produkte, die aus dem Fisch, der in gambischen Gewässer gefangen wird, hergestellt werden, gehen direkt nach China, bzw. werden von China auf dem Weltmarkt verkauft. Gambia hat ausser einer stinkenden, die Touristen abschreckenden riesigen Halle und überteuerten Fischpreise, so wie auf Dauer zurück gehenden Fangmengen nichts, auch nicht den kleinsten Vorteil davon.

Das regt die Leute hier schon seit Jahren auf. Die Leute hier wollen einfach keine Fischfabrik. Man hat hier in Sanyang schon viel versucht, aber bei der Politik des Landes kommen die Beschwerden nicht an. Nicht einen Vertreter hat man in all den Jahren nach Sanyang geschickt, um sich die Sorgen der Leute anzuhören. Das machte die Menschen in Sanyang sauer.

Der Vorfall mit dem Senegalesen, der einen Gambia erstochen und seinen Bruder schwer mit dem Messer im Gesicht verletzt hat, hat das Fass nun zum Überlaufen gebracht. In Sanyang hat man ein gewisses Verständnis für die Jugend. Und nun versucht man, die jungen Leute da irgendwie raus zu hauen. Es scheint, als wären ein paar Vorwürfe gegen die Jungen auch nicht mehr zu halten. Es bleibt spannend. Es wird ein langer Prozess werden.

Aus meiner Sicht haben die jungen Leute Mist gebaut und gehören dafür bestraft. Die Leute hier argumentieren aber so, dass die Jungen doch gar keine Alternative hatten, wenn niemand auf sie hört. Sie fühlen sich überhört und haben sich dagegen gewehrt. Ganz von der Hand ist das wohl nicht zu weisen…