2:07 Uhr: ein zartes, vorsichtig und zurückgehaltenes oooonk holte mich behutsam aus meinem traumlosen Schlummer. Dann eine Pause. Und dann wieder ooooonk. Pause. Onk-onk. Pause. Allmählich ein kleinwenig lauter oooonkoonkonk.
2:34 Uhr: an Schlaf ist nicht zu ooonköoonkonk denken. Onk.
2:41 Uhr: ooonkonk ö ö ö onköonköonkoooonk öö
2:43 Uhr: Kurt wird wach. Ö ö ö onkoooonk. Die Frau flüstert ihrem Mann leise ins Ohr: Was ist das? Ein Frosch? – onkonkonkööööoonk – Nee, glaube, ein Affe. –
2:45 Uhr: Kurt geht aufs Clo. Ooonk. Schschschschschsch. Onkoooonk ö ö ö onkoooonk.
2:47 Uhr: Andrea geht aufs Clo. Schschschschpfötpfötschschsch. Oonköonk.
2:51 Uhr: Das oooonk wird immer ö ö ö oooonk lauter! Ooooonk onk ööö ö ö ö onkoooonk!
3.01 Uhr: Das onk wir lauter und lauter und die Abstände immer kürzer. Onkoooooonk ö ö ö ööööonkonkooooonk.
Banna kenne ich seid meinem ersten Besuch in Gambia. Er hat damals als Guide für eine andere Lodge in Janjanbureh gearbeitet. Janjanbureh liegt auf der Flußinsel Mc Cathy im Gambia Fluss. Vom nördlichen Flußufer kommt man per Fähre auf die Insel, vom Südufer über eine Brücke. Die Engländer gaben der Stadt, die als alter Sklavenumschlagplatz gilt, den Namen Georgetown. Diese Bezeichnung hört man bei den Einheimischen selten. Sie sprechen von Janjanbureh, das auf zwei Brüder zurück führt, der eine hieß Janjan, der andere Bureh.
Meine Unterkunft damals auf dem Nordufer hatte keinen Strom und kein fließend Wasser. Was für Abenteurer, die das wahre Afrika kennenlernen wollen. Das wahre Afrika hat aber genauso Steckdosen und funktionierende Duschen im Angebot. Da sollte man sich nich täuschen lassen. Jedenfalls hatte ich nach zwei Nächten genug vom wahren Afrika und zog um in eine Lodge auf der Insel. Banna zeigte mir den Ort, seine eigene Lodge und vieles mehr. Er war von Anfang an anders als andere Typen hier, die dich angraben und dich irgendwie „rumkriegen“ wollen. Banna war da anders und das machte ihn mir sehr sympathisch. Im Laufe der Jahre, die ich nun regelmäßig nach Gambia komme, hat er sich als guter, verlässlicher Freund erwiesen. Er ist intelligent, geschäftstüchtig, hart arbeitend und liebender Vater zweier Töchter und nun, seit zwei Jahren, auch eines Sohnes.
Wenn wir hier mal irgendwie mit etwas gar nicht mehr weiter kommen, setzt Banna, falls erforderlich, in den nächsten Bus und fährt sechs Stunden zu uns, um uns zu unterstützen.
Vor anderthalb Jahren brachten wir ihm einen gebrauchten Außenboardermotor für sein Boot mit. Damals hatten Markus und ich den Motor gekauft und ihm kostenlos überlassen. Als Fährboot für Fußgänger macht er damit einen erstaunlich guten Umsatz. Er versichert jedes Mal, wenn wir uns sehen, wie sehr ihm dieser Motor hilft Geld zu verdienen, und wie dankbar er uns dafür ist.
Dienstag sind wir nach Janjanbureh gefahren, um Banna zu besuchen. Gleich nach unserer Ankunft und nach einem stärkenden Bier drehten wir die übliche Runde: Bannas neueste Projekte begutachten, Kassur, seinen blinden Ziehvater besuchen, seine Frau und Kinder in deren Unterkunft besuchen und Hallo sagen. Dann aber auch noch ein paar Bananen pflanzen und wässern. Danach gab es Abendessen von Fanta, Bannas Frau. Allerdings waren wir so erschöpft von der langen Autofahrt, der Hitze und den Pflichten, dass wir kaum Appetit hatten…
Mittwoch Morgen ging es dann auf, weiter Richtung Osten. Kurt und ich wollten immer schon mal den äußersten Osten Gambias bereisen. Das taten wir jetzt. Wir hatten von einem Seifenprojekt in Sotokoku ganz im Osten des Landes gehört, und das wollten wir uns ansehen. In Sotokoku angekommen, half uns diese hübsche, aussergewöhnliche Frau, die entsprechenden Leute zu finden.
Leider habe ich Ihren Namen vergessen. Aber sie war nicht nur wegen ihres outfits auffallend. Sie war eine ruhige, sachliche, Person, die sich nicht scheute, bei wildfremden Menschen ins Auto zu steigen, um sie zum Ziel zu führen. Sie ließ ihr Vorhaben ruhen, um uns dahin zu bringen, wo wir hin wollten. Als ich sie um ein Foto bat, war sie einverstanden, ohne irgendwelche Forderungen. Dann gab ich ihr etwas Kleingeld, mehr als sie erwartet hätte, und sie war überglücklich. Ich glaube, hier, so weit im Osten Gambias, gibt es nicht oft Aufmerksamkeit, Abwechslung, Geschenke. Mich hat diese Frau zutiefst beeindruckt. Aber es gibt sie hier immer wieder, überall, diese Menschen, die anders sind, als die meisten anderen….die auffallen. Die mich beeindrucken und mein Herz berühren.
In dem compound, in den uns die Frau brachte, waren wir jedenfalls richtig. Der Chef, Karamo, war gerade auf dem Weg von Serekunda ganz im Westen, nach Hause, nach Sotokoku. Dann kam er. Ein großer, gut aussehender, intelligenter und umsichtiger Mann. Er hat mal in Italien gelebt. Die Hintergründe seines Aufenthaltes in Italien von 2015 bis 2018 erschlossen sich uns nicht so wirklich. Jedenfalls lernte er dort eine Kerstin kennen, die dann in seinem Geburtsort dieses Seifenprojekt initiierte. So haben wir es jedenfalls mal verstanden.
Er telefonierte dann mit verschiedenen Leuten, die für die Workshops zuständig sind, bei denen interessierten Frauen das Seifesieden nahegebracht wird, und wir fuhren gemeinsam zum Workshop Gelände. Dort saßen wir dann im luftigen Schatten eines Mangobaum und ich ließ mir von den Anwesenden erklären, wie sie die Seife herstellen. Meinen Fragen blieben sie keine Antwort schuldig. Es war ein munterer, fachlicher Austausch übers Seifesieden.
Mich hat dieser Nachmittag ganz besonders glücklich gemacht, weil das Herstellen von Seife eine sehr, sehr alte Handwerkskunst ist. Sie mit anderen Menschen in einem fernen Land, auf einem ganz anderen Kontinent zu teilen, war lange schon mein Wunsch, der sich nun erfüllt hat.
Trotzdem: Die traditionelle Seifenherstellung geht anders. Nicht umsonst war der Beruf des Seifesieders früher ein Lehrberuf, denn zum Seifesieden gehörte früher eine Menge Erfahrung was z.B. das Herstellen und den Umgang mit der Lauge betrifft. Aber auch die Wahl der Öle und Fette. Ganz zufällig erfuhr ich dann von Banna, dass seine Ziehmutter Seife herstellt. Heutzutage nach dem selben Schema wie die Leute in Sotokoku, früher aber traditionell. Die traditionell hergestellte Seife sieht man nur noch vereinzelt auf dem Markt. Sie riecht nicht so gut. Deshalb benutzt man heute lieber die neuen Seifen. Jedenfalls habe ich mich bei Bannas Ziehmutter zum gemeinsamen Seifesieden angemeldet. Es bleibt spannend.
Heute Vormittag waren wir beim water Office, um unsere Wasserechnungen zu bezahlen und um ein Leck in der Wasserleitung unweit unseres Hauses zu melden. Das Leck fiel uns schon im Herbst auf, aber da hatten wir einfach keine Muße, um es zu melden und dachten, dass das ja auch die Leute machen können, die direkt dort wohnen. Vielleicht haben sie das auch, und das water Office kümmert sich einfach nicht. Jedenfalls hatte ich schon an unserem zweiten Tag hier einen Typ vom Hauptoffice in Brikama angerufen und ihm von dem Leck berichtet. Der meinte dann tatsächlich zu mir, da müsste ich nach Brikama kommen und einen Report abgeben. Dann könnte er evtl. mit mir zusammen nach Sanyang fahren, um persönlich den Schaden in Augenschein zu nehmen. Nun war mir aber gerade nicht danach, mich um die Probleme Anderer zu kümmern und fuhr nicht nach Brikama.
Heute nun im hiesigen water Office, erklärte mir der Typ am Schalter in einem fast schon aggressiven Ton, dass ich den Betrag entweder überweisen könne, oder bar bezahlen. Ich wollte bar bezahlen. Ja, aber wenn überwiesen würde, wäre das Geld viel schneller dort, wo es hin soll! Wenn ich bar bezahle, dauert das viel länger! Das sei nun wirklich nicht mein Problem, wie lange der Geldtransfer dauere, ich wolle einfach nur meine Rechnungen bezahlen, und zwar bar. Noch aufgebrachter erklärte mir der Typ, dass er mich nur über die verschiedenen Möglichkeiten aufklären wolle, die es gäbe, um die Rechnungen zu bezahlen. Ok, dass ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, aber ich möchte bitte in bar zahlen. Wieviel ich zahlen wolle? Alles. Alles? Das sind 1.141Dalasi. Ja, alles. Wollen Sie 1140 oder 1150 Dalasi zahlen?
Noch etwas. Da ist auf dem Weg zu meinem Haus ein Leck in Ihrer Wasserleitung. Schon seit Oktober. Wo? Neben der Straße. Da läuft das Wasser aus dem Sand. Oh, dass ist nicht gut! Nee, das ist nicht gut. Er ruft das Office in Brikama an, um den Schaden zu melden. Da erreicht er niemanden, heute ist offizieller Feiertag. Wahrscheinlich Ostermontag im überwiegend muslimischen Gambia. Ich schreibe Ihnen die Nummer von dem Kollegen auf, dann können Sie den morgen anrufen und ihm berichten. Gehts noch? Ist das meine Wasserleitung? Ist das mein Wasser, mein Geld, dass da im Sand versickert? Ich habe meine Pflicht getan und Ihnen den Schaden gemeldet, und jetzt ist es Ihre Aufgabe, man könnte auch meinen nahezu Ihr Job, sich darum zu kümmern und dafür zu sorgen, dass der Schaden behoben wird. Hm, nagut. Und er schickt einen Mitarbeiter mit uns, dem wir die Stelle zeigen. Mal sehen, ob in den kommenden zwei Wochen was passiert?
Als ich vor neun Jahren das erste Mal in Gambia war, hörte ich von überall her gesagt „wellcome at the smiling coast of Africa“ und „it‘s nice to be nice“. Von diesen schönen Mustern hat Sanyang sich nun erstmal verabschiedet.
Ungefähr drei Wochen vor unserer Ankunft haben sich hier schlimme Dinge ereignet. Wir wussten grob davon, eine Freundin hatte uns eine Audio-Info aus dem Radio geschickt. Aber wie schlimm es wirklich war, erfahren wir nun nach und nach.
Es fing damit an, dass ein sehr großer, kräftiger Senegalese eine weiße Frau in ihrem Haus in Strandnähe überfallen wollte. Sie konnte aber zum Glück zu Nachbarn fliehen. Die Nachbarn riefen die Polizei und gleichzeitig machten sich zwei Brüder auf den Weg zum Haus der Frau, um den Dieb zu stellen. Der war den beiden Brüdern aber wohl in jeder Hinsicht überlegen. Er hatte ein Messer bei sich, mit dem er den einen der beiden Brüder in Hals und Bauch stach. Der Mann starb noch an Ort und Stelle. Dem anderen Bruder zerstach er das Gesicht. Die Polizei konnte den Senegalesen überwältigen und brachte ihn nach Brikama ins Gefängnis. Das alles geschah am frühen Morgen.
Es muss sich hier im Dorf ziemlich schnell herum gesprochen haben und schon bald machte sich ein wild gewordener Mob aus überwiegend jungen Leuten auf den Weg zur Polizeistation, um den Senegalesen zu lynchen. Als sie erfuhren, dass der schon in Brikama sei, hat der Mob vor Wut die Polizeistation in Brand gesetzt.
Aufgebracht, wie der Mob war, zog er weiter zum Strand. Hier, direkt neben Jawlas Rainbow Lodge liegen die Boote von hunderten von Fischern. Viele von ihnen sind aus dem Senegal und nicht gern gesehen im Dorf nach dem Motto „unsere Hühner treten wir selber“, aber auch, weil die Senegalesen anscheinend mit der verhassten Fischmehlfabrik zusammenarbeiten, sind sie in Sanyang nicht gut gelitten.
Die senegalesischen Fischer wurden zum Glück gewarnt und sind rechtzeitig über den Strand Richtung Süden und Norden weggelaufen, diejenigen, die mit ihren Booten auf dem Meer waren, wurden über Handys gewarnt, in einem anderen Dorf an Land zu gehen.
Als der Mob den Strand erreichte, waren nur noch die Frauen und Kinder dort, die man in Ruhe ließ, aber jedes senegalesische Boot wurde angesteckt und verbrannt. Der Mob benutzte dabei Brandbeschleuniger wie Diesel oder ähnliches. Dann machten sie sich auf den Weg zur Fischfabrik und steckten sie an. Die Fischfabrik ist anscheinend gut mit Überwachungskameras ausgestattet und anhand der Aufzeichnungen konnte man viele Leute identifizieren.
Auf seinem Weg zurück ins Dorf räumte der Mob die Häuser der senegalesischen Fischer aus und setzten ihr gesamtes Hab und Gut auf den Straßen in Brand.
Polizei und Militär kamen nach Sanyang und hat so gut wie alle jungen Leute mitgenommen und in den Knast gesteckt. Diejenigen, die klar machen konnten, dass sie mit dem Mob nichts zu tun hatten, sind frei, andere, die auf den Videos der Sicherheitskameras der Fischfabrik identifiziert werden konnten, warten auf eine Verhandlung und etliche sind in den Südsenegal geflohen, wo sie sich noch immer aufhalten.
Die senegalesischen Fischer leben derzeit wie Flüchtlinge und sind in einer Schule weiter weg von hier untergebracht. Wie es mit ihnen weitergeht, ist im Moment wohl ungewiss.
Derartige Ereignisse sind mir nicht ganz fremd. Während meiner Zeit in Nepal, wie auch in Togo hatten sich vergleichbare, oder eher noch schlimmere Dinge ereignet und mich fassungslos gemacht. Die Dinge beruhigen sich mit der Zeit wieder. Aber es zeigt sich auch, dass tief im Inneren der Menschen über lange Zeit etwas schwelt und nur auf einen Auslöser wartet, um es explodieren zu lassen. Es macht einen fassungslos, mit welcher Brutalität so ein Mob vorgeht, der sich aus Menschen zusammen setzt, die man zum Teil vielleicht sogar kennt und immer als freundlich und hilfsbereit erlebt hat.
Aber nicht nur Kurt und ich sind fassungslos, auch die Menschen, die uns davon erzählt haben, bzw. mit denen wir über diesen Tag gesprochen haben, sind zutiefst betroffen.
So ist der Lebenslauf. Ganz zu Anfang unserer Bautätigkeit, hatten wir noch vor dem Zaunbau den Kapokbaum fällen lassen. Er wurde zu Brettern aufgesägt und die Äste verbrannt, da sie aufgrund der Dornen nicht zum Feuerholz taugen. Eigentlich schade um diesen grossen Baum, aber der Nachbar soll von den herumfliegenden Samen immer eine Augenentzündung bekommen haben. Dies ist jetzt vier Jahre her und die Wurzeln waren schon sehr verrottet. So habe ich mit der Pickaxt daran gemacht sie auszubuddeln und der thermischen Verwertung anheim zu geben, um Asche zu Düngungszwecken zu erzeugen.
Aber wir pflanzen auch neue Bäume. Neben mehreren Avocadomäumen, Bananen, Papayas und Zitronenbäumen haben wir dieses Jahr einen Affenbrotbaum (Baobab) mitgebracht. Einmal habe ich mich vergeblich um einen lokalen Setzling bemüht. Dann hat mir Markus einen zum Geburtstag geschenkt. Über das Internet hatte er nur das nackte Stöckchen ohne Blätter und Wurzeln bezogen. Nach langen bangen Wochen haben sich Blätter und Wurzeln entwickelt. So habe ich ihn jetzt im Handgepäck mitgenommen und direkt vor unserem Haus eingepflanzt, wo er anscheinend auch die erste Woche überlebt hat.
Bevor wir die Vanette hatten, sind wir mit der Honda an den Strand gefahren. Trotz unseres Wagens versuche ich immer noch das Motorrad am Laufen zu halten. Jetzt waren die Stossdämpfer dran. Bei der Einreise wollten sie sogar Zoll für die nagelneuen Teile, aber das konnten wir noch einmal abwenden. Beim Einbau derselben stellte ich allerdings fest, dass die Augen der Stossdämpfer zu gross waren. Zum Glück lag noch ein Satz kleinerer Augen bei. Trotz intensiver Bearbeitung mit dem kleinen 200 Gramm Hammer liessen sich die Augen nicht austreiben. Es brauchte eine hydraulische Presse. Hier dachte ich an die LKW-Werkstatt der „ Blue Kitchen“. Gesagt, getan, ein frisches gezapftes Bier im „Blue Kitchen“ ist immer ein Argument. Was ich nicht bedacht hatte, bei den neuen Augen handelte es sich um zwei kleinere und zwei grössere. Aber anstatt je ein kleines und je ein grösseres Auge an einem Stossdämpfer zu verbauen wurden an einem Stoßdämpfer zwei kleine und am Anderen zwei grössere verbaut. Das konnte nicht passen. So habe ich mir einen Stossdämpfer zurecht gebaut und musste heute noch einmal hin. Gezapftes Bieg gibt es leider immer noch nicht. Die Brauerei ist in den Senegal verlagert worden, und so gibt es die wildesten Biersorten aus Portugal, Dänemark und Deutschland. Aber keine Pfandflaschen mehr, nur noch Büchsen und Einwegflaschen. Nach dem Wechseln der Zündkerze springt das Motorrad übrigens auch wieder auf den ersten Kick an?
Gestern sind wir zum Stadion gefahren um zu schauen, wo wir uns vorm Abflug testen lassen müssen. Auf dem Weg dorthin kommt man an zahlreichen Gärtnereien vorbei, wo Gartenblumen aufgezogen und verkauft werden. Obwohl ich fuhr, fiel mir eine Gärtnerei auf, weil sie Wüstenrosen im Angebot hatten. Damals in Togo hatte ich eine Wüstenrose im Garten. Ich finde sie wunderschön, hatte in Gambia aber bisher keine entdeckt! Und da standen sie nun, wunderschön. Auf der Rückfahrt vom Stadion ging ich dann prompt in die Eisen, als wir die Gärtnerei erreichten. Kurt ahnte nichts, aber spontan entfuhr es ihm: „Guck mal, diese rosanen Blumen dort, die sind ja schön!“ Jawohl. Volltreffer! Das waren Wüstenrosen! Also schickte mein Mann mich in die Gärtnerei, Blumen kaufen.
Und während ich mit meiner Coronamaske auf noch nach zuständigem Personal Ausschau hielt, kam da einer laut grüßend angelaufen und sagte: „Wellcome! Oh, they are all dead! I am the only one here!“ Nun, das stimmte nicht ganz. Zwei weitere Figuren hockten da ja schon zwischen den Blumen und waren am arbeiten. Trotzdem sagte ich ihm, dass das für mich kein gutes Zeichen sei, wenn alle anderen tot seien und er der einzige Überlebende? Und er meinte:“Oh no….., they all died on Corona!“ Nunja, was sollte ich dazu sagen? Jedenfalls behielt ich meine Maske auf.
Nach Kurts harter Preisverhandlung, und nachdem Kurt und die Pflanzen schon im Auto waren, ließ ich mich von ihm noch zum mauen Zustand unserer Hibisken im Garten beraten. Und als ich mich bei ihm für seinen Tip bedanke und verabschieden will, schenkt er mir einen Jasmin!
Und plötzlich kommt kein Wasser mehr aus dem Hahn. Als wir das feststellen, ist es Mittagszeit. Kein Wasser. Nix. Nothing. Rien. Nada. Kein einziges Tröpfchen. „Na, dann fahren wir eben an den Strand! Wasser wird nachher schon wieder kommen.“
Aber dem war nicht so. Mit der Clospülung gehen wir ohnehin sparsam um, und dann gibt es ja noch das Hofclo. Ein Hockclo, das direkt über die 3-Kammer-Grube gebaut ist. Das geht immer. Ist aber das Clo von Louis. Aber zur Not muss das gehen. Aber Duschen, Waschen, geht alles nicht. Zähneputzen schon, weil wir ja immer Trinkwasser im Trinkwasserfilter und im Kühlschrank haben. Na, dann gehen wir heute mal ungewaschen ins Bett. Zum Glück haben wir keine schweißtreibenden Arbeiten gemacht, und bei den Termperaturen kommt man beim Lesen auch nicht ins Schwitzen. Also Augen zu und rein in den Schlaf.
Nächster Tag. Kein Wasser. Louis beklagt, dass er sich gestern gar nicht duschen konnte und so ins Bett musste. Ja, das Leid teilen wir mit Dir!
Nachmittag. Ein dünnes Rinnsälchen quält sich aus dem Aussenwasserhahn. Für die Wasserhähne im Haus, die höher liegen, reicht der Druck nicht. Aber als alte „Afrikaner“ und Entwicklungshelfer wissen wir natürlich was zu tun ist. Sämtliche größeren Behälter ins Badezimmer und per Eimer mit Wasser aufgefüllt. So haben wir jetzt gut 100 Liter im Bad gebunkert. (Das hätten wir letzten März mit Clopapier machen sollen, aber irgendein Notstand in Deutschland? Damals undenkbar!)
Gestern Abend dann ein lustiges Teamdusching! Einer bechert den anderen nass und umgekehrt. Das hilft der Leidenschaft auf ungeahnte Sprünge! Da kommt Freude auf! Wir hatten viel Spaß! Und insgesamt nur 10 l Wasser verbraucht!
Und heute Morgen, was soll ich sagen, wie von Zauberhand, rauscht das Wasser aus dem Hahn als gäbe es kein morgen. Aber etwas Wasser werden wir weiterhin bunkern. Sicherheitshalber. Man weiß ja nie….
Als ich gestern Abend Mamadu erläuterte, weshalb ich ihn fotografieren möchte und was ich mit den Fotos vorhabe, überraschte er mich, denn er konnte sich ebensogut an unser erstes Aufeinandertreffen erinnern, wie ich und er erzählte mir den Lauf der Dinge aus seiner Perspektive. Das fand ich toll.
Also, Mamadu ist Taxifahrer. Vor ein paar Jahren benötigte ich ein Taxi zum Turntable um Geld zu wechseln. Er war nicht nur fair beim Preis für den Transport, er überchargede mich nicht, sondern nannte mir einen üblichen Preis. Er war ausgesprochen hilfsbereit und vor allem: höflich. Er war jung und freundlich. Als mir unterwegs meine Sandale auseinander fiel, hielt er in Sanyang bei einem Schuster an, ließ sie für 5 Dalasi (ca. 10 Euro Cent) reparieren und gab sie mir wieder. Das alles ungefragt, einfach nur aus Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Das hat mir sehr gefallen! Ab da war er, als ich noch kein eigenes Fahrzeug hier hatte, mein bevorzugter Fahrer. Wenn ich einen Lift brauchte, rief ich ihn an und er war immer pünktlich wie die Feuerwehr. Und wenn er es nicht auf die Minute schaffte, rief er mich kurz zurück. Er kann gut einschätzen, wann es wirklich wichtig ist, pünktlich zu sein, z.B. wenn er uns zum Airport bringen soll.
Mamadu hilft und unterstützt uns, wenn es darum geht, die Fahrzeugversicherung zu verlängern, was jedes Jahr nötig ist. Ebenso, und das hat er gestern für uns erledigt, muss die Roadtax jedes Jahr aufs Neue bezahlt werden. Für all diese Leistungen muss man nach Brikama fahren, etwa 20 km von hier und eine außerordentlich quirlige Stadt, in der es nicht so leicht ist, seinen Weg zu finden. Insbesondere das Office, bei dem man die Roadtax bezahlen muss, und dann einen Sticker für die Windschutzscheibe erhält, ist sehr versteckt mitten im Basar. Für Mamadu ein Klacks.
Als wir im Oktober hier waren, war Mamadu kein Taxifahrer mehr, denn sein Auto war nun tatsächlich Schrott. Um als Fahrzeug diesem Ruf zu erliegen, muss einiges geschehen. Aus unserer Sicht wäre dieses Auto schon vor vielen Jahren Schrott gewesen…Aber das Mamadu uns nicht zum Airport bringen konnte, war einfach nicht schön. Wir vermissten das!
Vorgestern trafen wir uns mit den Autos auf der Straße. Er stieg stolz aus seinem „neuen“ Taxi aus und wir waren wirklich froh, ihn wieder mit einem Taxi zu sehen. Und so kam es dann auch, dass er zu uns kam und uns den Bürogang abnahm.
Vor zweieinhalb Jahren wurde Mamadu stolzer Vater eines kleinen Sohnes. Seit dem erscheint er sehr viel reifer als damals, als wir uns kennenlernten. Er ist auch irgendwie stadtlicher geworden.
In der Vergangenheit benötigten wir ein paar Mal seine Dienste für einen ganzen Tag und luden ihn dann zum Essen in ein Restaurant ein, dass von der Dresden-Dakar-Banjul-Rallye als Ausbildungsbetrieb geführt wird. Dort gibt es deutsches Essen und Zapfbier. Dabei stellte sich heraus, dass er nicht lesen kann. Auch rechnen kann er nicht. Irgendwie müssen seine Eltern da was verpasst haben. Soweit ich das beurteilen kann, hat er ein schönes und freundliches Elternhaus und eine hübsche Frau, die er liebt.